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  4. Ende der Pandemie ausgerufen: Christian Drostens Einlassung kommt spät

Meinung Ende der Pandemie

Was Christian Drosten jetzt verkündet, haben andere längst erkannt

Redakteurin im Ressort Wissen
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Virologe Drosten, WELT-Redakteurin Grabar
Quelle: picture alliance / Flashpic/Jens Krick, Marlene Gawrisch
Der Virologe Christian Drosten hat die Pandemie für beendet erklärt – und kommt damit arg spät. Andere Experten haben die Gefahr schon vor Monaten gebannt gesehen. Nicht, dass damit alle Schutzmaßnahmen überflüssig wären. Es schlägt aber die Stunde der Eigenverantwortung.

Es ist alles gesagt, und nun endlich auch von allen: Selbst nach Christian Drostens Meinung ist die Pandemie jetzt also vorbei und Sars-Cov-2 endemisch. Das heißt allerdings auch, dass sich das Virus in Europa eingenistet hat. Infektionen wird es also weiterhin geben, im Winter mehr, im Sommer weniger – ähnlich wie bei anderen Atemwegserkrankungen. Die Immunität der Bevölkerung werde nach diesem Winter so breit und belastbar sein, dass das Virus im Sommer kaum noch durchkomme, sagte Drosten dem „Tagesspiegel“.

Das ist nicht neu. Seit September schon erklären Infektiologen, Intensivmediziner und Internisten, dass sie die Gefahr durch das Coronavirus gebannt sehen. Die Impfungen und schon die Sommerwelle hätten weit über 90 Prozent der Bevölkerung auf die eine oder andere Weise immun gemacht. Fast zeitgleich mit Drosten bestätigte auch der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin, Christian Karagiannidis, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, er rechne damit, dass die Pandemie zunehmend auslaufe.

Und wenn man es sehr genau nimmt, hat auch der so oft gescholtene Epidemiologe Klaus Stöhr bereits im Oktober 2020 richtig vorweggenommen, dass die Pandemie dann ende, wenn die Abwehrkraft der Bevölkerung hoch genug ist, und dass dies erfahrungsgemäß nach zwei bis drei Jahren der Fall sei. Christian Drosten schließt sich also einer Auffassung an, die andere längst vertreten.

Nur: Was bedeuten diese Einschätzungen für den Einzelnen in diesem Winter? Die Antwort lautet: sehr wenig. Denn Sars-Cov-2 ist eben weiterhin da. Hinzu kommen die RSV- und Grippe-Viren, die derzeit die Kliniken an die Belastungsgrenze und darüber hinaus bringen. Wer also besonders alt, immungeschwächt und/oder vorerkrankt ist, wird weiterhin auf einen gewissen Schutz angewiesen sein; wird weiterhin mit der Maske in den Supermarkt oder ins Theater gehen. Nur, dass er den Schutz künftig selbst verantworten muss.

Die Maskenpflicht in Krankenhäusern und Altenheimen darf denn auch vorerst nicht fallen. Denn dort trifft das Virus auf eben jene Menschen, die so oft mit dem Wort vulnerabel umschrieben wurden; die also trotz Impfung keine ausreichende Abwehrkraft aufbauen können.

Drostens späte Einlassung hat etwas von einer Banalität ex cathedra. Und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der unaufhörliche Mahner, steht zunehmend alleine da.

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