Zwei neue Studien untermauern die Annahme, dass das Coronavirus von einem Tiermarkt der chinesischen Metropole Wuhan stammt – und nicht aus einem chinesischen Labor. Eine der beiden Arbeiten, die vom Wissenschaftsmagazin „Science“ veröffentlicht wurden, wertete verfügbare zeitliche und örtliche Daten über die ersten bekannten Corona-Fälle in Wuhan aus.
So stellten die Forscher fest, dass sich die frühesten Covid-19-Fälle auf dem Huanan-Markt unter den Händlern konzentrierten, die lebende Tiere verkauften, oder bei Menschen, die dort einkauften. Alle acht Corona-Fälle in Wuhan, die vor dem 20. Dezember 2019 gemeldet wurden, konnten auf den westlichen Teil des Marktes zurückgeführt werden, auf dem lebende Tiere wie Füchse oder Marderhunde und frisch geschlachtete Tiere angeboten werden.
Das Forscher-Team um den renommierten Evolutionsbiologen Michael Worobey betrachtete zudem die Standorte von 155 der ersten Corona-Infektionen in Wuhan. Demnach gruppierten sie sich eng um den Huanan-Markt, während spätere Infektionen sich weit in der Millionen-Metropole verteilten. Es sei „einfach nicht plausibel ist, dass dieses Virus auf eine andere Weise als durch den Handel mit Wildtieren auf dem Markt von Wuhan eingeschleppt wurde“, sagte Michael Worobey.
Der Forscher hatte im vergangenen Jahr einen offenen Brief unterzeichnet, in dem dazu aufgerufen wurde, die Theorie eines Laborunfalls im Institut für Virologie in Wuhan weiter in den Blick zu nehmen. Die seitdem gesammelten Erkenntnisse hätten ihn aber zum Umdenken bewegt, sagte der Virologe.
Unklar, von welcher Tierart das Virus übersprang
„Unsere Analysen der verfügbaren Beweise deuten eindeutig darauf hin, dass die Pandemie auf erste menschliche Infektionen von Tieren zurückzuführen ist, die Ende November 2019 auf dem Huanan Markt zum Verkauf standen“, so auch Kristian Andersen, Mikrobiologe am kalifornischen Scripps-Institut, der ebenfalls an der Studie beteiligt war.
Die Theorie eines Laborlecks sei zwar nicht widerlegt. Andersen sagte, es sei aber wichtig zu verstehen, „dass es mögliche und wahrscheinliche Szenarien gibt. Und dass möglich nicht gleich wahrscheinlich ist.“
Die Forscher legten sich nicht fest, von welcher Tierart das Virus auf den Menschen übersprang.
In der zweiten Studie, die ebenfalls in „Science“ veröffentlicht wurde, untersuchten Forscher die genetischen Daten von frühen Corona-Fällen mit zwei Abstammungslinien des Erregers. Auch hier kamen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass beide bei verschiedenen Ereignissen, im November und Dezember 2019, von Tieren auf dem Markt auf Menschen übergesprungen sind. Es sei unwahrscheinlich, dass das Virus vor November 2019 beim Menschen zirkulierte, schrieben die Wissenschaftler.
Die beiden Studien zum Corona-Ursprung waren bereits als sogenannte Preprints veröffentlicht worden. Nach einer Begutachtung durch unabhängige Experten erschienen sie nun.
China lässt neue Untersuchung nicht zu
Das Virus war Ende 2019 erstmals in Wuhan aufgetaucht. Ein Expertenteam der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durfte jedoch erst mehr als zwölf Monate später nach China reisen und war ohne klare Ergebnisse zurückgekehrt. Das Team teilte im Anschluss mit, das nicht völlig klar sei, ob der Markt der tatsächliche Ausgang der Pandemie war.
Die Labor-Theorie stuften die WHO-Experten damals als „extrem unwahrscheinlich“ ein. An dem Bericht und der Untersuchung selbst waren schnell Zweifel und Kritik laut geworden.
Eine weitere Untersuchung vor Ort will China nicht zulassen.