Der ehemalige Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowksy (SPD) hat nach den Silvester-Angriffen auf Einsatzkräfte seine frühere politische Ziehtochter Franziska Giffey scharf kritisiert. In einem Beitrag für die Boulevardzeitung „B.Z.“ fordert der 74-Jährige scharfe Konsequenzen für die verantwortlichen Täter.
„Und unsere Obrigkeit, was tut die? Sie labert, wie immer“, schreibt er an die Regierende Bürgermeisterin gewandt. Berlin sei für ihn ein Ort des Fremdschämens geworden.
„Unsere Regiermeisterin ist empört. So geht das nicht, sagt sie. Darüber müssen wir reden. Wir haben jetzt ein Jahr Zeit zu reagieren, damit uns nächstes Silvester nicht wieder das Gleiche passiert. Doch, gnädige Frau, genau so wird’s kommen, wenn das System der organisierten Tatenlosigkeit weiter Platz greift“, wettert Buschkowsky.
Schon am Vortag hatte sich Buschkowsky gegenüber WELT ähnlich geäußert. „Die Verhältnisse sind eskaliert, es ist schlimmer geworden“, sagte er im TV. „Da müssen wir reagieren mit der ganzen Härte des Rechtsstaats“, so der Sozialdemokrat weiter. „Da muss jemand merken, dass das so nicht geht. Da merkt überhaupt keiner was.“
Er kritisierte die Berliner „Kuscheljustiz“ – und die Reaktion der Regierenden Bürgermeisterin. „Haben Sie die Kommentare der Regierenden Bürgermeisterin gehört? ‘Also, so geht‘s wohl nicht. Da werden wir sehr intensiv drüber reden müssen.‘ (...) Es passiert gar nichts“, konstatierte Buschkowsky.
Die 44-jährige Giffey hatte ihren einstigen Mentor Buschkowsky 2015 als Bürgermeisterin von Neukölln beerbt, bevor sie 2018 Bundesfamilienministerin und 2021 Berlins Regierende Bürgermeisterin wurde. Das Verhältnis der beiden gilt inzwischen als zerrüttet.
Giffey fordert schnellere Verurteilungen
Franziska Giffey hat angesichts der Gewalt von Kindern und Jugendlichen bei den Silvester-Krawallen ein Umdenken in der Justiz gefordert. Wichtig sei eine schnelle und konsequente Ahndung der Straftaten, insbesondere bei jugendlichen Mehrfachtätern, sagte Giffey am Freitag bei einem Besuch der Feuerwache Neukölln. Die Frage sei: „Wie sehr setzen wir uns dafür ein, dass die Strafe auf dem Fuße folgt. Dass junge Täter noch wissen, wofür sie verurteilt werden.“
Giffey räumte ein, dass das Thema zügige Strafverfahren nicht neu sei. Es sei aber in den vergangenen Jahren ein Stück weit aus dem Blick geraten, so Giffey. „Ich finde, wir müssen da wieder hinkommen.“
Die SPD-Politikerin erinnerte an das Engagement der 2012 gestorbenen Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig – die Feuerwache in Neukölln liegt gegenüber einem nach ihr benannten Platz. Auf deren Intention geht das sogenannte Neuköllner Modell zurück, dessen Ziel die schnelle Ahndung kleinerer Delikte jugendlicher Straftäter ist. Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht arbeiten dafür eng zusammen. In den Jugendverfahren geht es vor allem um eine erzieherische Wirkung.
Eine schnelle Reaktion des Staates ist aus Sicht der Regierenden Bürgermeisterin auch deshalb wichtig, weil sich die Situation in den vergangenen zwei Jahren verschärft habe. „Das, was in der Corona-Pandemie an Einschränkungen gemacht wurde, hat sich auf Kinder und Jugendliche massiv ausgewirkt und in sozialen Brennpunkten nochmals stärker gewirkt“, sagte Giffey.