Stellen Sie sich vor, Sie wären Immobilienmakler, und ein Käufer möchte von Ihnen ein Mehrfamilienhaus für zwei Millionen Euro kaufen. Und zwar in Bar. Außerdem soll alles ganz schnell gehen, vor allem die Vertragsunterzeichnung. Ins Grundbuch eingetragen werden soll dann aber nicht der Käufer, sondern eine Firma mit Sitz in der Karibik. Fänden Sie das völlig normal? Oder würden Sie sich da nicht ein wenig wundern? Die allermeisten von uns würden es. Viele Makler tun es auch, und doch unternehmen sie in solchen Fällen – nichts.

Wenn so etwas passiert, müssten die Immobilienhändler sofort aktiv werden, so fordert es das Gesetz. Die Rechtsanwälte und Notare, die solche Deals begleiten, müssten es ebenfalls. Denn das Risiko ist hoch, dass es sich hier um einen Fall von Geldwäsche handelt, mit dem unversteuertes Kapital oder Geld aus dubiosen Geschäften mit Immobilien reingewaschen werden soll. Das passiert nur allzu oft, schlüsseln internationale Studien auf: Auf rund 1,5 Billionen Dollar weltweit schätzt das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung den Schaden, den Geldwäsche global anrichtet.

Der deutsche Immobilienmarkt ist dabei einer der attraktivsten Anlageplätze für das schwarze Geld. Einen "Hochrisikosektor" für internationale Geldwäsche nennen Finanzforscher ihn. Denn die Investition in Gebäude gilt als wertstabil und sicher, weil die deutsche Volkswirtschaft zuverlässig läuft. Zudem setzt der Markt gigantische Summen um, in großen Tranchen, das macht das Geldwaschen vergleichsweise effizient: Von den jährlich 250 Milliarden Euro für Immobilientransaktionen könnten gut zehn Prozent aus Geldwäschegeschäften herrühren, also 25 Milliarden Euro, beziffern Nachforschungen des Bundeskriminalamts, der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte und von Finanzwissenschaftlern der Universität Halle.

Häufige oder gelegentliche Bargeldzahlungen

Gemeldet werden dubiose Deals von den Beteiligten aber kaum: Nicht einmal drei Prozent aller angezeigten Geldwäscheverdachtsfälle stammten zuletzt aus dem Immobiliensektor, sagt die BKA-Studie: "Es mangelt an Sensibilität für diese Themenbereiche." Andere drücken es deutlicher aus: "Die Sorgfalts- und Meldepflichten sind mangelhaft bei den Immobilienmaklern", sagt eine aktuelle, noch unveröffentlichte Studie des Kriminologieprofessors Kai Bussmann von der Universität Halle. Jeder zehnte Branchenexperte glaubt sogar, dass sie ihren Sorgfalts- und Meldepflichten gar nicht nachkommen.

Dabei ist es nicht so, als würden den Maklern solche merkwürdigen Geschäfte nicht auffallen: In Bussmanns Umfrage gab jeder sechste Makler an, in den letzten zwei Jahren mindestens einen Fall gehabt zu haben, bei dem es sich vermutlich um Geldwäsche handelte – weil Geld aus "unklarem Geschäftshintergrund" kam, wie das im Juristendeutsch heißt, oder aus Hochrisikoländern, oder weil komplizierte (Schein-)Firmengeflechte beteiligt waren. Das war weit mehr als in anderen Branchen, bei denen das nur drei bis sieben Prozent der Abwickler sagten. Fast jeder zehnte Makler berichtet sogar von häufigen oder gelegentlichen Bargeldzahlungen bei Verkäufen. Spätestens das reicht laut Gesetz für eine Verdachtsmeldung. Und über 90 Prozent der Makler sagen, sie seien ausreichend aufgeklärt, was in solchen Fällen zu tun sei.

Warum sie dennoch nichts unternehmen, begründen sie so: Ein Drittel sagt, sie seien unsicher gewesen, ob der Verdacht tatsächlich stichhaltig war. Mehr als jeder Vierte will mit solchen Anzeigen lieber nichts zu tun haben, weil er findet, die Bekämpfung der Geldwäsche sei Sache des Staates – nicht seine. Nur jeder Zehnte dagegen glaubt, dass eine Anzeige ohnehin nichts bringen würde, weil der Fall strafrechtlich ins Leere liefe. Obwohl das in den allermeisten Fällen so ist. Aufgeklärt werden nämlich nur sehr wenige Fälle.

Der Hauptgrund für das Schweigen der Makler aber liegt woanders: Über die Hälfte der Makler fürchtet, der Immobilienverkauf würde scheitern, wenn er den Verdacht meldete. Sie wollen sich schlicht nicht die Provision entgehen lassen. Manche antworten auch: Wenn ich das Geld nicht nehme, dann tut es sicherlich einer meiner Kollegen.