Nomade sein, das heißt, ungebunden sein, nicht immer fest an einem Ort leben und doch den Schutz eines kleinen Heimes genießen. Wie das geht, machen uns die echten Nomaden seit Jahrtausenden mit ihren Jurten und Zelten vor. Denn zuerst zog der Mensch mit seinem Vieh umher, die feste Häuslichkeit kam erst viel später.
Fluchtpunkt der Sesshaften
Heute ist die mobile Architektur wieder stark in unserem Bewusstsein angekommen – meist als Projektionsfläche und nicht als Lebensentwurf. Mit dem Leben klassischer Nomaden, wie es sie in den Steppen, in der Nähe der Pole und am Rand den Wüsten immer noch gibt, haben unsere Aussteiger wenig gemein. Bei den modernen "Jurten" schwingt meist etwas von Ferien und Freizeitvergnügen mit sich.
Auch der Band "Nomadic Homes" von Philipp Jodidio schwelgt vor allem in den Bildern kleiner, mobiler Bauten – in denen der Betrachter gern ein paar Wochen verbringen würde.
Schon in der Einleitung stellt Jodidio bedauernd fest, dass die Realität der Mobilheime in den Vereinigten Staaten nicht ganz so "farbig und poetisch" sei, wie man es sich vorstelle.
Umfassender Überblick
Der 340 Seiten dicke, schwere Band ist aber mehr als eine Sammlung niedlicher Zelte und Hütten – er gibt durchaus einen umfassenden Einblick, welche Formen des mobilen Lebens in der heutigen Industriegesellschaft ausprobiert werden. Neben Hütten, die wirken, als hätte man sie aus der Pionierzeit gebaut, finden sich Designs die auf modernste Materialien zurückgreifen.
Offen zur Natur
Fast allen gemeinsam ist, dass sie das Verhältnis von Innen und Außen anders definieren als ein gemauertes Haus. Die Grenzen werden transparent und durchlässig. Der kleine Raum der modernen Nomaden-Behausung lebt und atmet in der Umgebung. Und die ist, wen wundert es, meist idyllisch.
In echten Nomaden-Behausungen sind Innen und Außen hingegen streng getrennt. Menschen, die dem harten Leben wandernder Hirten ausgesetzt sind, haben keine Fensterfronten, durch die sie, wenn sie morgens lange im Bett dösen, ausgiebig die Natur bewundern können. Echte Nomaden sind bei ihrer Herde, wenn die Sonne aufgeht.
Auf die vielbeschworene "Suche nach dem Minimum" machen sich nur die modernen Nomaden, die dauerhaft in einem kleinen Behältnis leben. Wer sich hingegen, fürs Wochenende eine hippe Mobil-Hütte zulegt, strebt nicht nach "weniger" – er will "mehr.