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"Deutsche wenden sich gegen Regierung" Manipulativ bis falsch - Twitter-Affront gegen Merkel ist ein Trump vom Feinsten

Donald Trump und Angela Merkel
Donald Trump und Angela Merkel beim G7-Gipfel in Kanada
© Ian Langsdon / AFP
Mit drei Twitter-Sätzen hat sich Donald Trump in die deutsche Asyldebatte eingemischt. Drei Sätze, die wie eine Blaupause für jede Einlassung des US-Präsidenten wirken: halbfalsch bis falsch und manipulativ.

Wenn der US-Präsident von Washington aus die Flüchtlingspolitik der deutschen Kanzlerin kritisiert, der Bundesregierung gar eine Vertrauenskrise unterstellt und das alles gestützt auf halbgaren Behauptungen via Twitter, dann ist das kollegial betrachtet eine Backpfeife, diplomatisch gesehen ein Affront. Denn üblicherweise mischen sich Regierungschefs nicht derartig parteiisch in die Angelegenheiten befreundeter Staaten ein. Aber Donald Trump ist Donald Trump und sein jüngster Tweet zur Einwanderungsdebatte ist eine typische Einlassung des US-Präsidenten: manipulativ und falsch.

Donald Trump hackt wieder auf Merkel herum

Wörtlich schreibt Donald Trump: "Die Menschen in Deutschland wenden sich gegen ihre Führung, weil die Migration die ohnehin schon prekäre Koalition in Berlin erschüttert. Die Kriminalität in Deutschland nimmt zu. Es war ein Riesenfehler in Europa, Millionen von Menschen hereinzulassen, die so stark und heftig die Kultur ändern."

Im Grunde wiederholt der Chef des Weißen Hauses seine altbekannte Einstellung, nach der der EU-Umgang mit Flüchtlingen ein "totales Desaster" sei, wie er schon seit dem US-Wahlkampf unablässig behauptet. Aber unabhängig davon, wie man die Situation nach dem "Flüchtlingssommer" 2015 im Einzelnen beurteilt, wenden sich die Deutschen zurzeit nicht gegen ihre Regierung, wie Trump schreibt. Zwar nimmt laut Umfragen die Zustimmung für die GroKo ab und die für die AfD zu, aber die aktuelle Krise beruht allem voran auf einem Streit zwischen den Schwesterparteien CSU und CDU.

Daneben suggeriert Trump mit seiner Formulierung "ohnehin schon prekär", als stünde die Führung in Berlin schon länger auf einem wackeligen Fundament, was aber erst seit dem Asylstreit der Fall ist - also seit einigen Tagen.

Fazit 1: Allein schon der erste Satz erweckt einen falschen Eindruck von den Zuständen in der deutschen Hauptstadt. Warum Trump den Satz derartig irreführend formuliert hat, ist unklar. Mutmaßlich will er damit seine eigene These von vor zwei Jahren stützen, nach der Angela Merkel über die Einwanderungspolitik stürzen werde.

Sein zweiter Satz: eine Lüge

  • "Die Kriminalität in Deutschland nimmt zu." Diese Behauptung ist in dieser Pauschalität schlicht falsch, wie jüngst erst wieder vom Bundeskriminalamt bestätigt wurde.
  • Ob es tatsächlich ein "Riesenfehler von Europa" war, "Millionen von Menschen hereinzulassen", ist natürlich Ansichtssache, weil viele Konsequenzen immer noch gar nicht absehbar sind. Unbestreitbar aber sind angesichts der Flüchtlingseinwanderung viele Menschen verunsichert, weswegen politisch davon fast ausschließlich rechte Parteien und Bewegungen profitieren.
  • Eine fast dreiste Lüge aber ist die die Aussage, dass die Flüchtlinge "unsere Kultur stark und heftig ändern" würden - außer Trump meint damit, dass sich die Stimmung vielerorts in Richtung Fremdenfeindlichkeit und Rassismus dreht. Sicher stehen Migrationshotspots wie etwa griechische Inseln oder deutsche Asylbewerberheime vor neuen Herausforderungen, aber bislang läuten im überwiegend christlichen Europa am Sonntag immer noch die Kirchenglocken.

Das bezweckt Trump mit seinenTweets

Fazit 2: Polemik beiseite - warum Trump Öl ins Feuer des deutschen Asylstreits gießt, hat vor allem US-innenpolitische Gründe. Denn die Reform des amerikanischen Einwanderungsrechts, ist eines seiner wichtigsten Themen. Für den US-Präsidenten sind die bestehenden Gesetze zu lasch, vor allem die Migranten aus Mittelamerika möchte er loswerden, Stichwort "Mauer zu Mexiko". Aktuell ringt er mit der Opposition um Zustimmung für eine Änderung des "schlechtesten Einwanderungsgesetzes der Welt", wie Trump sagt. "Wo ist der Aufschrei gegen Morde und Verbrechen, die von Banden und Gangstern verübt werden, inklusive MS-13 (eine brutale Straßengang, d.Red.), die illegal in unser Land kommen?". Nach seinem Tweet über Deutschland schob er entsprechend hinterher: "Wir wollen nicht, dass das, was Einwanderung mit Europa macht, auch bei uns passiert."

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