Aufarbeitung von Gewalt :
Wen interessieren schon die Opfer?

Von Paul Ingendaay, Dublin
Lesezeit: 4 Min.
Hochsicherheitsanlagen, um den Menschen vor dem Menschen zu schützen: „Friedensmauer“ im nordirischen Belfast
An Versöhnung wagt im gegenwärtigen Krieg noch niemand zu denken. Und doch wird sie irgendwann zum Thema werden. Wie demokratische Gesellschaften mit Gewaltkonflikten umgehen – und woran sie scheitern.

Kleine Erinnerung an Belfast in den Achtzigerjahren: Nach einem Fußballturnier nahe der Queen’s University gingen wir Spieler in einen Pub, bestellten ein Bier, und kurz darauf scheuchte uns eine Bombendrohung auf die Straße. Zwanzig Minuten später strömten wir wieder an den Tresen. Der Barmann hatte nicht einmal die Pint-Gläser weggeräumt. So war es damals: Man überquerte die Grenze nach Nordirland und schaute dabei in die Mündung ernsthaft gezückter Waffen. Und es dauerte, bis die Ausweispapiere geprüft waren. Passieren konnte immer etwas. Der nordirische Nobelpreisträger Seamus Heaney (1939 bis 2013) hat das lähmende Gefühl des Grenzübertritts in einem Gedicht als Angstmoment und Entpersönlichung beschrieben. Später zog er nach Dublin, um den nationalen Konflikt los zu sein.

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