Eines muss klar sein: Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist eine begriffliche und tatsächliche Unmöglichkeit. Bedingung für jedes Grundeinkommen ist nämlich, dass irgendjemand das Geld erwirtschaftet, das der Staat an alle verteilt. So haben etwa die reichen Golfstaaten und Saudi-Arabien jahrzehntelang ihren Bürgern keine Steuern abgenommen, ihnen fürs Nichtstun in der wuchernden Bürokratie üppige Gehälter und den Geringverdienenden Zuschüsse gezahlt, während die harte Arbeit von importierten und rechtlosen Fremden getan wird. Bezahlt wird das aus den Öleinnahmen, also auch von deutschen Autofahrerinnen.

Wer nach einem Großversuch mit dem Grundeinkommen sucht, sollte sich also zuallererst am Golf umsehen.

Es gibt aber auch positive Beispiele. Beginnend im Januar 2008 erhielten in der namibischen Siedlung Otjivero-Omitara alle Menschen unter 60 zwei Jahre lang ein Grundeinkommen von umgerechnet sechs Euro im Monat. Finanziert wurde der Feldversuch durch Spenden, die in Namibia selbst, aber auch von den großen Kirchen in Deutschland aufgetrieben wurden. Unter anderem führte das Grundeinkommen zu einem Rückgang der Kriminalität und einem Anstieg des Schulbesuchs. Die Bewohnerinnen und Bewohner von Otjivero-Omitara, die vor Einführung des Grundeinkommens oft wegen Hungers lethargisch waren oder unverhältnismäßig viel Energie ins Auftreiben von Lebensmitteln stecken mussten, hatten nun Zeit etwa für die Reparatur und den Ausbau ihrer Häuser. Die Kleinproduktion von Ziegeln stieg mit der Nachfrage an. Schneidereien und Kneipen entstanden, der Kleinhandel und der Dienstleistungssektor blühten auf.

Der Versuch wurde allerdings nach zwei Jahren eingestellt. Auch deshalb, weil die Zuwanderung aus anderen Landesteilen nach Otjivero-Omitara drohte, alle Fortschritte zunichtezumachen. Die Zuwanderer hatten zwar keinen Anspruch auf das Grundeinkommen. Doch entweder waren sie Familien- oder Clanmitglieder, die ihre Verwandten zwingen wollten, etwas vom unverhofften Manna abzugeben, oder sie hofften, vom plötzlichen Wohlstand auf irgendeine andere Weise zu profitieren. Im Verhältnis zur Gesamtzahl der Bewohner nahmen Armut und Kriminalität wieder zu, der Schulbesuch und die Beschäftigung wieder ab.

Auch diese Erfahrung sollten deutsche Befürworterinnen eines Grundeinkommens studieren.

Und zwar aus zwei Gründen. Erstens schafft money for nothing einen unwiderstehlichen Pullfaktor. Bertolt Brecht beschreibt das übrigens in der Parabel der Prostituierten Shen-Te, des guten Menschen von Sezuan. 1.000 bis 12.000 Euro pro Monat fürs bloße Dasein? Wer würde sich da nicht aus Namibia und all den anderen Namibias dieser Erde aufmachen nach Deutschland, wo die Straßen mit Grundeinkommen gepflastert sind?

Man raubt Menschen die Motivation

Wie wollte man dann in Deutschland verhindern, dass wie in Otjivero-Omitara eine Zweiklassengesellschaft entsteht? Hier die glücklichen Bezieher des Grundeinkommens, dort die Ausgeschlossenen. Was die Frage aufwirft: Erwirbt man das Anrecht auf ein Grundeinkommen mit der Geburt und der Einbürgerung, also durch die ererbte oder erworbene deutsche Staatsbürgerschaft? Oder durch Erwerb eines Aufenthaltstitels, also – so wie die Sache nun einmal steht – durch die politische Verfolgung oder das Vortäuschen politischer Verfolgung in der Heimat? Was ist mit jenen, die weder eingebürgert sind noch Asyl genießen, aber nicht abgeschoben werden? Mit den Untergetauchten?

Wie sollten deutsche Konsulate in Marokko oder Mali, im Irak oder Iran Auswanderungswilligen erklären, dass in Deutschland Minimalanforderungen an deren Sprachfähigkeiten und Arbeitsqualifikationen gestellt werden, wenn die Deutschen nicht daran denken, an sich selbst diese Bedingungen zu stellen? Die Arbeit, das weiß man seit jeher, ist der wichtigste Faktor bei der Integration von Zuwanderern. Zahlt man aber allen, die hier einen Aufenthaltstitel erwerben oder geduldet werden, 1.200 Euro im Monat fürs bloße Hiersein und 1.200 Euro für jedes Kind, das sie haben, raubt man den Menschen jede Motivation, Arbeit zu suchen und sich zu integrieren, allen voran den Frauen.

Es ist bezeichnend, dass die Immigration, das bestimmende Merkmal unserer Ära, in den Überlegungen der Fans eines bedingungslosen Grundeinkommens so gut wie keine Rolle spielt. Dabei dürfte es – wenn man schon über soziale Wohltaten im großen Stil nachdenkt – auf lange Sicht sehr viel billiger kommen, jedem Armen in Afrika sechs Euro pro Monat zu geben, wie in Otjivero-Omitara, als mit den ankommenden Migranten in Europa fertigzuwerden.