Der Vorspann ist doof. Das ist schon mal nicht gut. Zu Beginn einer Star-Trek-Folge möchte man doch ein majestätisches Raumschiff durch die Weiten des Weltalls flitzen sehen, wie in der Originalserie aus den Sechzigerjahren oder in Next Generation aus den Achtzigerjahren oder in Voyager aus den Neunzigern, und wenn gerade kein majestätisches Raumschiff zur Hand ist, möchte man wenigstens eine Raumstation vor einer erhabenen Sternenkulisse bestaunen wie in Deep Space Nine.

Nichts davon in Discovery, der neuen und nunmehr sechsten Star-Trek-Serie, deren erste beide Folgen seit Montag auf Netflix laufen. Da gibt es zu schlaffer Orchesterbegleitung, in der am Ende kurz das klassische Leitmotiv anklingt, bloß ein paar animierte Risszeichnungen zu sehen, die klassische Ausstattungselemente aus dem Universum der Enterprise zeigen. Kein Zauber, keine Erhabenheit, keine unendlichen Weiten, lediglich ein bisschen kleinlaute Ingenieurskunst. Das ist nicht gut, auch deswegen nicht, weil es in ungünstiger Weise an den Game-of-Thrones-Vorspann erinnert, also an die jüngste Generation von TV-Serien, über die sich die jahrzehnt- und legendenalte Star-Trek-Tradition doch Lichtjahre weit erheben sollte. Es ist andererseits immer noch besser als der bislang schaurigste Vorspann zur fünften Star-Trek-Serie aus den Nullerjahren, Enterprise; darin wurde der Aufbruchsgeist der gerade ins All startenden Menschheit mit einem schlimmen Schrottrocksong unterlegt; nicht umsonst ist Enterprise damals nach gerade vier Staffeln in einem gnädigen Wurmloch verschwunden.

Produktionsdesign und Spezialeffekte sind hervorragend

So ist es mit Discovery im Grunde im Ganzen: Die neue Star-Trek-Serie ist besser, als man befürchten musste, aber es fehlen ihr – soweit sich das nach zwei Folgen beurteilen lässt – doch die Kühnheit und der Drive, der Größenwahn und – vor allem – der Optimismus, wie sie das Franchise in seinen besten Momenten prägten. Hervorragend sind immerhin das Produktionsdesign und die Spezialeffekte. So liebevoll und kleinteilig gestaltet, so mythisch eingefärbt und gut beleuchtet hat man die Wunder des Weltalls, hat man Sonnen und Planeten und galaktische Cluster, Asteroidengürtel und interstellare Nebel bisher noch in keiner Star-Trek-Emanation gesehen; in den älteren Serien und Kinofilmen nicht wegen der mangelhaften Qualität der Produktionsmittel; in den neueren Kinofilmen aus der Schule von J.J. Abrams nicht wegen seines Desinteresses am astronomischen sense of wonder – hier herrschte ja vor allem das für viele Hollywood-Blockbuster der letzten zwei Jahrzehnte typische Action-Geballer mit halb-ironisch agierenden Militärmännern vor.

Bei Discovery gibt es also – jenseits des Vorspanns – immerhin etwas zu sehen und zu staunen; und auch die Dominanz markiger Männer, ihres Humors und ihrer Ego-Probleme ist angenehmerweise klar relativiert. In den Hauptrollen der ersten beiden Folgen sind zwei Frauen anzutreffen, was seitens der Produktionsfirma schon lange vorab als genderfuturistische Neuigkeit gelobt und seitens des offenbar immer noch von weißen heterosexuellen Männern geprägten Science-Fiction-Nerd-Publikums – wie zuvor zuletzt in besonders lästiger Weise beim Ghostbusters-Remake – als abzulehnender Ausdruck eines angeblich grassierenden Genderwahnsinns beklagt wurde. 

Von Spitzohren erzogene Menschenfrau

Beiden Seiten ist dabei offenbar gleichermaßen entfallen, dass mit Captain Kathryn Janeway in den in dieser Hinsicht nachträglich doch gendermäßig sehr futuristisch erscheinenden Neunzigerjahren schon einmal eine Frau auf der Brücke eines Föderationsraumschiffs saß. In Discovery ist nun Michelle Yeoh als Philippa Georgiou zu sehen, Kapitänin des U.S.S.-Raumschiffs Shenzhou, das in der ersten Folge am äußersten Rand des von Menschen besiedelten Universums in Kontakt mit den kriegerischen Klingonen gerät; Sonequa Martin-Green (bekannt aus The Walking Dead) spielt ihre Erste Offizierin Michael Burnham, die als erster Mensch von Vulkaniern erzogen wurde, und zwar als Mündel des Astrophysikers Sarek, der zugleich der Vater des späteren Ersten Offiziers der U.S.S. Enterprise ist, S'chn T'gai Spock.

Sarek ist in diversen Rückblenden zu sehen, gespielt von James Frain, der mit rundem Gesicht und etwas verschnittener Topffrisur in verwirrender Weise an Bully Herbig als Mr. Spuck erinnert – was der Seriosität seiner Erscheinung aber natürlich nur beim deutschsprachigen Publikum abkömmlich ist. Sonequa Martin-Green wiederum spielt ihre Rolle mit vulkanisch herausragender Würde und Stoik. Als von den mathematisch begabten Spitzohren erzogene Menschenfrau muss sie im Umgang mit anderen Menschen erst lernen, ihre gefühlstaube Verstandesbeherrschtheit zu beherrschen, was zu den üblichen und, weil inzwischen doch allzu bekannten, etwas ermüdenden Kabbeleien zwischen Ratio und Emotion führt.