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Prozess um Gürtelschläger Mann attackiert Kippa-Träger: "Ich wollte ihn nicht schlagen, nur Angst machen"

Angeklagter gesteht Angriff auf Kippa tragenden Israeli in Berlin
Der Angeklagte sitzt in einem Gerichtssaal des Amtsgerichts Tiergarten
© STEFANIE LOOS / AFP
Der Angriff auf einen Kippa tragenden Israeli in Berlin löste große Empörung aus. In mehreren Städten gingen Menschen mit Kippa als Zeichen der Solidarität auf die Straße. Nun steht ein junger Syrer vor Gericht.

Rund zwei Monate nach der Attacke gegen einen Kippa tragenden Israeli in Berlin hat ein 19-jähriger Syrer die Tat vor Gericht gestanden. Zum Auftakt des Prozesses am Amtsgericht
Tiergarten räumte der Angeklagte am Dienstag ein, sein Opfer mit einem Gürtel geschlagen zu haben. Die Kippa des Mannes habe er erst zum Schluss gesehen. Er bereue die Tat und entschuldige sich. Zugleich betonte der 19-Jährige mehrmals, er habe sich im Recht gefühlt, da er zuerst beschimpft und beleidigt worden sei. 

Adam hält die Kippa, die den Angreifer auf seinen jüdischen Glauben aufmerksam machte

"Ich dachte es sei sicher, in Deutschland mit einer Kippa rauszugehen"

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Am Dienstag sollten noch Zeugen gehört werden. Richter Günter Räcke gab bekannt, dass der Prozess am kommenden Montag fortgesetzt werden soll. Ursprünglich war nur ein Verhandlungstag geplant. Ob am Montag auch das Urteil gesprochen wird, war zunächst unklar. Gläubige jüdische Männer erkennt man oft an der Kippa: einem kleinen, runden Käppchen aus Stoff, das sie auf dem Hinterkopf tragen.

Dem Angeklagten werden gefährliche Körperverletzung mit einem Gürtel und Beleidigung zur Last gelegt. Laut Anklage wurden der Israeli sowie ein Deutsch-Marokkaner, der ebenfalls eine Kippa trug, am 17. April im Stadtteil Prenzlauer Berg antisemitisch beschimpft, der Israeli mit einem Gürtel mindestens zehn Mal geschlagen. Die Gürtelschnalle habe den Israeli im Gesicht, am Bauch und an den Beinen getroffen, eine Lippe sei aufgeplatzt. Der Angreifer soll auf Arabisch "Jude" geschrien haben. 

Angeklagter: "Ich bin keiner, der gegen Juden ist"

Der Fall wird in Berlin ungewöhnlich schnell juristisch aufgearbeitet: Bereits einen Monat nach dem Angriff war Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung erhoben worden. Der Flüchtling, der 2015 nach Deutschland kam, beteuerte: "Ich bin keiner, der gegen Juden ist." Etliche Fragen des Richters beantwortete er nicht konkret. Teils auf Deutsch, teils auf arabisch mit Dolmetscherin - erklärte der 19-Jährige: "Es tut mir sehr leid, es war ein Fehler von mir." Er fügte hinzu: "Ich wollte ihn nicht schlagen, ich wollte ihm nur Angst machen." Er habe zuvor Drogen genommen. "Ich hab gekifft, ich war auf Drogen,(...) mein Kopf war müde." Er habe nicht mit der Gürtelschnalle geschlagen und nur einige Male getroffen. 

Der Angeklagte sitzt in Untersuchungshaft. Der Mann war einer Flüchtlingsunterkunft in Brandenburg zugewiesen, hielt sich aber in Berlin auf. Sein Leben habe aus Schule und Fußballverein bestanden, sagte der Angeklagte. Der Israeli hatte den Angriff gefilmt und das Video ins Internet gestellt. In dem Filmausschnitt war zu sehen, wie ein Mann mit einem Gürtel auf den Filmenden einschlägt und auf arabisch "Jude" ruft. 

Der Übergriff hatte bundesweit eine Welle der Empörung ausgelöst. Hochrangige Politiker bis hin zu Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigten sich betroffen. Als Zeichen gegen Antisemitismus waren in mehreren deutschen Städten Menschen mit der traditionellen jüdischen Kopfbedeckung auf die Straße gegangen. Der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, hatte zuvor davor gewarnt, den Judenhass in Deutschland kleinzureden.

fs DPA

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