Jeden Tag eine neue Nachricht, und meistens eine gute: Es schwindelt einem fast, so rasch verändert sich die politische Lage in Korea. Kim Jong Un, der Machthaber im Norden, will nun die Atomversuche und Raketentests aussetzen. So verkündete er es in Pjöngjang vor dem Zentralkomitee der Arbeiterpartei. Nordkoreas Nuklearprogramm sei abgeschlossen. Nun könne sich das Land der wirtschaftlichen Modernisierung zuwenden.

Damit setzt Kim seine Charmeoffensive fort, die mit seiner Neujahrsansprache begann. Damals kündigte er die Teilnahme Nordkoreas an den Olympischen Winterspielen im Süden an. Zugleich nahmen Seoul und Pjöngjang politische Gespräche auf, die so erfolgreich verliefen, dass sich am kommenden Freitag Kim und Südkoreas Staatspräsident Moon Jae In im Grenzort Panmunjeom zu einem Gipfel treffen werden.

In der Zwischenzeit hat Kim auch Peking besucht, es war seine erste Auslandsreise überhaupt. Schritt für Schritt befreit er sich aus der Isolation, in die sich das Land mit seiner aggressiven Aufrüstung und einer nach Autarkie strebenden Wirtschaftspolitik selbst gebracht hat.

Krönen soll die Politik der neuen Offenheit ein Gipfeltreffen mit US-Präsident Donald Trump Anfang Juni. Für Kim wäre es ein diplomatischer Triumph: Weder sein Vater noch sein Großvater haben es geschafft, einen amtierenden amerikanischen Präsidenten zu treffen. Dabei war dies seit Langem das höchste Ziel nordkoreanischer Außenpolitik: Gespräche mit der Weltmacht USA von gleich zu gleich, damit verbunden die Anerkennung des eigenen Regimes und die Garantie seiner Sicherheit.

Kaum zu glauben, dass dies ausgerechnet dem jungen, unerfahrenen Kim Jong Un gelingen sollte, den Trump noch im vergangenen Herbst als "little rocket man" verspottete und dem er vor den Vereinten Nationen mit der "totalen Zerstörung" seines Land drohte.

Warum ist Kim plötzlich zum Dialog bereit?

Wie ist es zu erklären, dass sich Nordkorea plötzlich zum Dialog, ja sogar zur Aufgabe seiner Atomwaffen bereit erklärt? Drei Gründe sind wohl entscheidend.

Zum einen hat der UN-Sicherheitsrat seit 2006 immer neue Sanktionen über Nordkorea verhängt. Inzwischen kommen sie fast einer Wirtschaftsblockade gleich, vor allem seit China, Nordkoreas wichtigster Handelspartner, die Beschlüsse nahezu vollständig umsetzt. Die Sanktionen schnüren Nordkorea förmlich die Luft ab.

Zum zweiten hat Donald Trump eine wahrhaft bedrohliche Kriegskulisse aufgebaut. Planspiele des Pentagons, Übungen von Spezialeinheiten, die Verlegung strategischer Bomber in die Region mussten das Regime in Pjöngjang glauben lassen, dass es dem amerikanischen Präsidenten ernst sei mit seiner Ankündigung, die nukleare Entwaffnung Nordkoreas notfalls mit Gewalt zu erzwingen.

Ein Krieg würde aber nicht nur den Norden des Landes, sondern auch den Süden verwüsten. Und hier kommt der dritte Grund für die unerwartete Wendung im Konflikt um das nordkoreanische Atomprogramm ins Spiel. Südkoreas neuer liberaler Präsident Moon Jae In, seit Mai 2017 im Amt, warb von Anfang an hartnäckig für einen Dialog mit dem Norden. Kim Jong Un ignorierte seine Offerten anfangs, Donald Trump kritisierte sie sogar als "Appeasement". Aber Moon öffnete Gesprächskanäle, die sich als segensreich erwiesen haben.