DIE ZEIT: Frau Dorn, Frau Zeh, Herr Kehlmann, Sie haben immer wieder Kritik an der Art der Pandemiebekämpfung geübt. Was treibt Sie derzeit besonders um?

Juli Zeh: Ich mache mir vor allem Sorgen um gesellschaftliche Veränderungen, die über Corona hinausreichen. Wir gewöhnen uns langsam an eine Rhetorik des Ausnahmezustands.

Thea Dorn: In unserem Grundgesetz ist ein solcher gar nicht vorgesehen. Das ist eine der Lehren, die aus dem Zusammenbruch der Weimarer Republik gezogen worden sind. Deshalb ist es zutiefst beunruhigend, wenn die Rhetorik des Ausnahmezustands um sich greift. Sie dient dazu, Maßnahmen politisch zu legitimieren, die unter normalen Bedingungen undenkbar wären. Sicher: Eine Pandemie ist eine bedrohliche Großkrise. Dennoch scheint mir die Gretchenfrage zu sein: Rechtfertigen Großkrisen es, tatsächlich von einem "Ausnahmezustand" zu sprechen?