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Überwachungstechnik Das Pentagon ließ eine mächtige Spionagekamera entwickeln, nun landete sie in China

Die chinesischen Polizisten tragen altmodische Uniformen, setzen aber die modernste Überwachungstechnik ein.
Die chinesischen Polizisten tragen altmodische Uniformen, setzen aber die modernste Überwachungstechnik ein.
© Chandan Khanna / AFP
Die Mantis-Kameras überwinden die klassischen Grenzen von Auflösung und Entfernung. Angestoßen wurde die Entwicklung vom Pentagon. In den USA gelang es dem Gründer nicht, Geld aufzutreiben, also ging er nach China. Nun liefert er Kameras für das chinesische Überwachungsprogramm.

Peking führt gern die Leistungen des Kameraüberwachungssystems vor. Im letzten Jahr ließ sich ein BBC-Reporter zum Schein zur Fahndung ausschreiben. Sofort hatten die Kameras ihn erspäht und die Zentrale zwei Polizisten in Marsch gesetzt. Es hätte keine fünf Minuten gedauert, bis er verhaftet worden wäre. Spektakulär auch die Verhaftung eines Flüchtigen, den die Überwachungssysteme unter 60.000 Personen in einem Stadion entdeckt hatten.

Lesen Sie hierzu: "600 Millionen Kameras im Land: Chinas allsehendes Auge nimmt seine Arbeit auf"

Weniger bekannt ist, dass ein Teil der Technik, die die chinesische Polizei verwendet, von Wissenschaftlern der amerikanischen Duke University im Auftrag des Pentagon entwickelt wurde. Dann verlor die US Navy das Interesse an der revolutionären Kamera. Das Defense Advanced Research Projects Agency stellte die Förderung 2013 ein, berichtet das "Wall Street Journal".

Leichter Zugang zu Kapital in China

Der leitende Forscher David Brady wollte das Projekt nicht aufgeben und zog 2016 nach China. Dort war es kein großes Problem, weitere Mittel für die Entwicklung aufzutreiben und Aufträge für die fertige Kamera zu erhalten. In den USA gelang es Brady nicht einmal, 25.000 Dollar auf Kickstarter zusammenzubringen. Mehr als 1007 Dollar wurden nicht investiert. Sein chinesischer Partner William Wang sagte dem "WSJ", in China habe die neu gegründete Firma Aqueti in zwei Runden ohne Probleme 28 Millionen US-Dollar eingesammelt, um die Kamera zur Marktreife zu bringen.

Die einfache Finanzierung liegt an den großen Summen an Venture-Kapital in China. Zahlreiche Start-ups aus allen Branchen machen immer wieder Schlagzeilen mit den gigantischen Geldern, die sie in Finanzierungsrunden einsammeln. Zusätzlich gehört es zu den erklärten Zielen der chinesischen Führung, die globale Spitzenstellung im Bereich der Künstlichen Intelligenz zu erlangen. Strategisch wird die enorme Finanzkraft des Landes genutzt, um Talente und Know-how aus Übersee ins Land zu holen. Allein 2017 sollen 2,5 Milliarden US-Dollar an Risikokapital in den Sektor Künstliche Intelligenz geflossen sein.

Nähe der Produktionsketten

Dazu kommt ein im Westen gern verdrängter Standortvorteil der Chinesen: In China findet man nicht nur Kapital für die Entwicklung, sondern direkten Zugang zu Lieferanten und Produzenten. "Wo sonst können wir die bauen?", sagte Brady dem "WSJ". "Das ist natürlich ein chinesisches Projekt." Die Lieferkette für derartige Kameras sei ohnehin in China. "Selbst wenn wir das Geld in den USA eingesammelt hätten, hätten wir es in China ausgegeben."

In China liegt zudem der größte Absatzmarkt. KI und Überwachungskameras gehören zur Sicherheitstechnik, dafür gibt Peking jährlich 30 Milliarden aus. Und genau dafür entwickelte David Brady zusammen mit seinem Partner Wang spezielle Kameras. Es sind Kameras mit 19 Linsen und Prozessoren, die Bilder zu einem 100-Megapixel-Rahmen zusammenfassen – das ermöglicht einen ungeheuren Detailreichtum der Aufnahmen. Solche Kameras machen es möglich, dass die KI einzelne Personen herausgreift, sie detailreich elektronisch heranzoomt und dann durch eine Gesichtserkennungstechnologie laufen lässt.

Peking auf Shopping-Tour

Die Technik der Mantis-Kamera ist nicht der einzige Fall. Peking geht weltweit auf Shopping-Tour. Allerdings können Regierungen den Kauf bestehender Unternehmen blockieren oder zumindest sehr schwer machen. Beim Kampf um die Talente sieht das ganz anders aus. Die Mischung von Geld, Produktionskosten plus der Nachfrage des gigantischen Binnenmarktes bietet Gründern einzigartige Bedingungen. Forbes titelte bereits "Zermalmt China das Silicon Valley?". Denn Amerikas Vorsprung beim Risikokapital schwindet. Eine Flut von Geld aus China und dem restlichen Asien ändert weltweit die Bedingungen für Start-ups. Eine "Flutwelle" – so Forbes - von chinesischem Geld landet bei vielversprechenden Neugründungen.

Und bislang war diese Flutwelle nur ein Vorgeschmack. David Brady war ein Vorreiter und eine Ausnahme, denn er war bereit, sein gesamtes altes Leben für ein Projekt aufzugeben.

Das ist in Zukunft nicht mehr nötig. In der letzten Woche hat Peking die Spielregeln für Risikokapital geändert, nun kann chinesisches Kapital sehr viel leichter zu Projekten ins Ausland fließen. Wenn der bisherige Geldstrom eine Flutwelle war, hat Peking mit dieser kleinen Gesetzesänderung einen Tsunami aus Geld entfesselt.

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