Als Reaktion auf die neue Medienkampagne der ungarischen Regierung hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker seine Forderung nach einem Ausschluss der Regierungspartei Fidesz aus der Europäischen Volkspartei (EVP) bekräftigt. Die Partei von Ministerpräsident Viktor Orbán vertrete "die christdemokratischen Werte in keinerlei Weise", sagte er bei einer Podiumsdiskussion im baden-württembergischen Landtag. "Es gibt zwischen Herrn Orbán und mir keinerlei Schnittmengen." Daher sei er der Meinung, "dass sein Platz nicht in der Europäischen Volkspartei ist".

Ungarns nationalkonservative Regierung hatte dem EU-Kommissionspräsidenten sowie abermals dem US-Milliardär George Soros die Förderung illegaler Einwanderung vorgeworfen. "Sie wollen die verpflichtende Aufnahmequote; die Rechte der Mitgliedsländer zur Grenzverteidigung schwächen; Einwanderung mit Migrantenvisa erleichtern", schrieb die Regierung auf Facebook. Geplant ist eine mit Steuergeldern finanzierte Kampagne, die auch großflächige Plakate mit Bildern Soros' und Junckers zeigen soll. Sie sollen den Schriftzug tragen: "Auch Sie haben ein Recht, zu erfahren, was Brüssel vorbereitet."

Juncker sieht EVP-Chef Weber in der Pflicht

"Brüssel will weiterhin illegale Einwanderung unterstützen", sagte Regierungssprecher Zoltán Kovács. "Die Ungarn müssen darüber Bescheid wissen, deswegen ist die jüngste Informationskampagne gestartet worden", fügte er hinzu. Die Aktion sei aber nicht Teil des Wahlkampfs für die Europawahl im Mai.

Die EU-Kommission zeigte sich empört. Sprecher Margaritis Schinas kritisierte die Kampagne als "Fake-News" und nannte sie "unfassbar". "Es ist schockierend, dass eine solch lächerliche Verschwörungstheorie sich in diesem Maße etabliert hat", sagte er. Juncker selbst warf Orbán "Lügen" vor und rief insbesondere EVP-Fraktionschef Manfred Weber zu einer Stellungnahme auf. "Mein Freund Manfred Weber wird sich auch die Frage stellen, ob er diese Stimmen überhaupt braucht", sagte der Luxemburger in Richtung des CSU-Politikers, der Junckers Nachfolge an der Spitze der EU-Kommission antreten will.

Ungarn könnte EU-Stimmrechte verlieren

Die ungarische Regierung unternimmt regelmäßig ähnliche Kampagnen gegen die EU und den 88-jährigen Soros. Der Regierungschef hat den ungarischstämmigen, jüdischen Investoren zum "Staatsfeind" erklärt, der angeblich unkontrollierte Masseneinwanderung fördert. Soros wiederum ist ein vehementer Kritiker des rechtsnationalen Ministerpräsidenten und unterstützt weltweit Bemühungen, Werte wie Meinungsfreiheit, Transparenz und eine verantwortliche Regierung zu fördern. Der US-Milliardär wurde er inzwischen zu einem Hauptfeind von Rechtsextremisten.

Mit der EU liegt Ungarn unter anderem wegen der Flüchtlingspolitik über Kreuz. Orbán ließ sein Land mit einem Stacheldrahtzaun gegen Serbien und Kroatien abschotten und weigert sich, zur Entlastung anderer EU-Länder Flüchtlinge aufzunehmen. Sowohl die EU-Kommission als auch das Europaparlament haben die Regierung in Budapest verklagt. Die Verfahren können theoretisch bis zum Entzug von Stimmrechten führen.