Sigmar Gabriel (SDP), der ehemalige Bundesaußenminister, hat sich zur Währungskrise in der Türkei geäußert und ein klares Signal von Deutschland und Europa gefordert: Den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland sagte Gabriel, die Krise in der Türkei berge gravierende sicherheitspolitische Risiken. Sollte es nicht gelingen, "die Türkei im Westen zu halten", drohe langfristig die atomare Bewaffnung einer politisch isolierten Türkei. "Wir müssen im eigenen Interesse alles tun, um die Türkei im Westen zu halten", sagte Gabriel.

Wichtig sei außerdem, dass Europa deutlich mache, dass sie die wirtschaftliche Destabilisierung der Türkei durch die USA nicht mittrage: "Die USA tun jetzt etwas, was man nach meiner Meinung unter Nato-Partnern nicht tun darf: Sie wenden Sanktionen an und versuchen, ein ohnehin wirtschaftlich angeschlagenes Land über die Klippe zu schieben."

Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hatte zuvor deutsche Hilfe für die Türkei ins Gespräch gebracht. "Es kann die Situation entstehen, in der Deutschland der Türkei helfen muss – unabhängig von den politischen Auseinandersetzungen mit Präsident Erdoğan", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die Türkei ist ein Nato-Partner, der uns nicht egal sein kann. Es ist in unser aller Interesse, dass die Türkei wirtschaftlich stabil bleibt und die Währungsturbulenzen eingedämmt werden."

Die Reaktion der Union auf diesen Vorschlag fiel eher verhalten aus: Nach Ansicht des außenpolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, kommen finanzielle Hilfen für die wirtschaftlich angeschlagene Türkei nur bei einem Kurswechsel der türkischen Regierung infrage. "Die Ursache für die Wirtschafts- und Währungskrise in der Türkei sind die fahrlässigen Äußerungen von Präsident Erdoğan mit Blick auf die Unabhängigkeit der Zentralbank und die Rechtsstaatlichkeit", sagte Hardt der Rheinischen Post.

Sollte Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan diese Haltung nicht grundsätzlich ändern, wären Wirtschaftshilfen vergeudetes Geld. "Wenn die türkische Regierung allerdings umschwenken würde, könnte man über Hilfen nachdenken", sagte Hardt. "Wir haben ein Interesse an einer starken Türkei – aus politischen und ökonomischen Gründen."

"Die selbst verschuldete Krise der Türkei ist viel zu groß, als dass Deutschland allein sie beenden könnte"

Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff sieht hingegen die Verantwortung, der Türkei zu helfen, nicht allein bei Deutschland: Der Augsburger Allgemeinen sagte er: "Die selbst verschuldete Krise der Türkei ist viel zu groß, als dass Deutschland allein sie beenden könnte." Vielmehr müsse die Bundesregierung die türkische Regierung überzeugen, ein Hilfsprogramm des Internationalen Währungsfonds zu akzeptieren. Den Vorstoß der SPD-Chefin Nahles bezeichnete Lambsdorff in der Welt als "naiv und deplatziert". Wirtschaftshilfen stabilisierten nicht das globale Finanzsystem, sondern nur das System Erdoğan.

Unter bestimmten Voraussetzungen seien Hilfen für die Türkei denkbar, sagte der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour. Allerdings sei die "Rückkehr der Türkei zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit" maßgebliche Bedingung. "Es geht nicht mit einer Türkei, die mit Siebenmeilenstiefeln in Richtung Diktatur läuft", sagte Nouripour der Welt.

Ähnlich äußerte sich die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt in der Augsburger Allgemeinen: "Die Türkei wird da nur wieder rauskommen, wenn die türkische Regierung ihren autoritären und immer unberechenbareren Kurs revidiert." Wer wie Erdoğan politische Gegner und Journalisten ins Gefängnis sperren lasse und nichts auf Meinungsfreiheit und Menschenrechte gebe, "der verhindert selbst, dass Vertrauen in die Wirtschaft zurückkommt und eine politische Annäherung möglich ist".