Fast die Hälfte der Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen und Intersexuellen (LGBTI) in Deutschland lebt ihre sexuelle Orientierung laut einer Studie nicht offen aus. Das teilte die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) mit. In Deutschland waren dies demnach 43 Prozent, in der gesamten EU 53 Prozent.

45 Prozent der Befragten in Deutschland sagten, dass sie es oft oder immer vermeiden würden, in der Öffentlichkeit die Hand eines gleichgeschlechtlichen Partners zu halten. In der gesamten Europäischen Union gaben das 61 Prozent der Befragten mit gleichgeschlechtlichem Partner an. 36 Prozent der Teilnehmenden in Deutschland sind laut der Studie in den zwölf Monaten vor der Umfrage belästigt worden. 13 Prozent wurden demnach in den vergangenen fünf Jahren auch körperlich oder sexuell angegriffen. Beide Werte entsprechen in etwa dem EU-Durchschnitt.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes sieht hier Handlungsbedarf. "Auch in Deutschland verbergen immer noch viele Menschen ihre sexuelle oder geschlechtliche Identität aus Angst vor Benachteiligung", sagte der kommissarische Leiter der Antidiskriminierungsstelle, Bernhard Franke, mit Verweis auf die Studie. Wenn fast die Hälfte der Befragten angebe, sich aus Angst nicht Hand in Hand in der Öffentlichkeit zeigen zu wollen, und mehr als 20 Prozent ihre Identität am Arbeitsplatz geheim hielten, dann müsse das große Sorgen bereiten.

Franke sagte, die Antidiskriminierungsstelle des Bundes stütze die Forderungen der FRA: Dazu zählt eine angemessene finanzielle und personelle Ausstattung von Gleichbehandlungsbehörden in der EU. "Höchste Zeit ist es außerdem, bei dem seit vielen Jahren auf Eis gelegten Entwurf einer weiteren EU-Gleichbehandlungsrichtlinie endlich einen Durchbruch zu erzielen, damit überall in der EU der Schutz vor Diskriminierung über den Arbeitsplatz hinaus gesichert ist", sagte Franke.

Große Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten

Bei nahezu allen Ergebnissen zeigt die Studie, dass die Befragten die Lebensverhältnisse in den verschiedenen EU-Ländern teils sehr unterschiedlich wahrnehmen. So sagten zum Beispiel 83 Prozent der Befragten in Malta, dass die Regierung dort wirksam gegen Vorurteile und Intoleranz gegenüber LGBTI-Menschen ankämpfe. In Polen gaben das nur vier Prozent der Befragten an. In Malta sowie in Finnland und Irland herrscht auch bei vielen Betroffenen das Gefühl vor, dass die Intoleranz kleiner geworden sei.

Für die Studie wurden 139.799 Menschen ab 15 Jahren befragt, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell oder intersexuell definieren. Die Studie fand im vergangenen Jahr online und in allen EU-Staaten (inklusive Großbritannien) sowie in Nordmazedonien und Serbien statt. Aus Deutschland nahmen mehr als 16.000 Menschen teil.

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