Nein, Thomas Assheuer hat in dem Beitrag über Donald Trumps rechtsintellektuelle Denkfabrik (ZEIT Nr. 21/18) nicht behauptet, dass Leo Strauss selbst ein Straussianer war, es wohl aber kontextuell nahegelegt – und damit einem der bedeutendsten politischen Philosophen bitteres Unrecht getan. Tatsächlich ist kein Denker vor Missbrauch, vor fruchtbaren, vor allem aber vor unfruchtbaren Missverständnissen geschützt. Was für Karl Marx und Friedrich Nietzsche gilt, sollte auch einem eigenartigen Denker wie Leo Strauss zugebilligt werden. Gleichwohl scheint es mehr als ein Zufall zu sein, dass dieser lange Zeit als verschroben geltende, 1899 im hessischen Kirchhain geborene deutsche Jude, der Deutschland vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten verließ und 1973, nach langen Jahren der Lehre an der Universität Chicago, in Annapolis starb, zum geistigen Bezugspunkt der jüdischen neokonservativen Intelligenzija wurde. Darunter fanden sich häufig ehemalige Trotzkisten oder Kinder ehemaliger Trotzkisten. Zunächst wurde die Ära Bush zum Kristallisationspunkt eines – wie es der Journalist Seymour Hersh formulierte – "Straussian movement". Ihr gehörten Richard Perle, William Kristol, Steven Cambone, Douglas Feith sowie David und Meyrav Wurmser an.