Augenbrennen, Tinnitus, Hautausschlag und Schulterschmerzen: Wer sich nicht gut fühlt, geht heutzutage nicht direkt zum Arzt, sondern erst einmal ins Internet. Umfragen zufolge nutzen zwei Drittel der Deutschen das Netz, um "gesundheitsrelevante Informationen" zu finden, sich also über mögliche Krankheiten zu informieren. Nun wollen Forscherinnen und Forscher herausfinden, ob sich bei "Doktor Google" Hinweise auf die Verbreitung des Coronavirus finden lassen – oder sogar bislang unbekannte Symptome.
Wissenschaftler der Harvard Medical School und des University College London haben in einer laufenden Studie (Lampos et al., 2020) Google-Suchanfragen in acht Ländern untersucht, die mit bestätigten Covid-19-Symptomen einhergehen, etwa Fieber, Husten oder der Verlust des Geruchssinns (Anosmie). Das Ergebnis: In allen untersuchten Ländern stiegen in den vergangenen Wochen die Suchanfragen nach Covid-19-Symptomen.
Diese Erkenntnis ist zunächst nicht überraschend, denn
schließlich ist die Angst, infiziert zu sein, in der Bevölkerung insgesamt
gestiegen. Und damit auch das Bedürfnis, Symptome zu googeln. Interessant aber
ist, was die Modelle der Forschenden über die Verbreitung und Entwicklung der
Pandemie aussagen könnten. In einem Gastbeitrag
in der New York Times nahm der
Datenforscher Seth Stephens-Davidowitz die Studie zum
Anlass, um die Suche nach Symptomen in einzelnen US-Bundesstaaten mit den dort
bestätigten Covid-19-Fällen zu korrelieren. Er fand heraus, dass die Anfragen
nach Riechverlust in den USA vor allem in den Bundesstaaten häufiger waren, in
denen es auch die meisten Infizierten gab, nämlich New York, New Jersey und
Louisiana.
Mehr Suchen nach Riechverlust und Bindehautentzündung
Übertrage man diese Korrelation nun auf andere Länder, schreibt Stephens-Davidowitz, könne man theoretisch zwei Dinge feststellen:
Erstens, ob die Anzahl der Erkrankten in einem Land oder einer Region höher ist als bislang bekannt. Als Beispiel erwähnt er Ecuador: Dort sei die Zahl der bestätigten Covid-19-Fälle gemessen an der Bevölkerung derzeit zehnmal geringer als in Spanien, es werde aber zehn Mal so oft nach Riechverlust ("no puedo oler", "ich kann nicht riechen") auf Google gesucht – ein möglicher Hinweis, dass in Ecuador viele Menschen erkrankt sind, aber noch nicht getestet wurden. "Die Suchdaten lassen vermuten, dass Ecuador weit stärker von Covid-19 betroffen sein könnte, als die offiziellen Zahlen sagen", schreibt Stephens-Davidowitz.
Zweitens könnten die Suchanfragen Symptome aufzeigen, die bislang noch nicht mit der Lungenkrankheit in Verbindung stehen. In Italien etwa stiegen die Suchanfragen nach Riechverlust bereits an, bevor es als bestätigtes Symptom galt. Stephens-Davidowitz selbst fand heraus, dass in den Corona-Hotspots der USA in den vergangenen Wochen vermehrt nach Augenschmerzen gesucht wurde. In Bundesstaaten, die weniger stark betroffen sind, war das nicht der Fall. Tatsächlich gibt es erste Berichte, wonach auch eine Bindehautentzündung ein Symptom für Covid-19 sein könnte. Um das mit Sicherheit zu sagen und um auszuschließen, dass es sich um Zufall handelt, ist die Datengrundlage aber noch zu dünn.
Bei der Vorhersage der Grippe hat Google versagt
Überhaupt warnen sowohl Seth Stephens-Davidowitz als auch die Forschenden aus Harvard und London davor, voreilige Schlüsse aus Google-Suchanfragen zu ziehen. Aus gutem Grund. Schon einmal galt die Suchmaschine als vielversprechendes Tool, um die Verbreitung einer Krankheit zu analysieren – bis man schließlich herausfand, dass die Daten doch nicht immer ganz so genau waren.
Die Rede ist von Google Flu Trends (GFT). 2008 gestartet, wollten Google-Ingenieure mithilfe von Millionen Suchanfragen vorhersagen, wann und wo die nächste Grippewelle ausbrechen wird. Die Grundlage bildeten Suchbegriffe, die mit dem Auftreten einer Grippe korrelierten. Die Idee: Wenn viele Menschen in einer Region plötzlich vermehrt diese Begriffe googeln, könnte dort demnächst eine Grippewelle auftreten. Die Bevölkerung, Mediziner und Behörden könnten dann schneller gewarnt werden und sich besser darauf einstellen.
Tatsächlich funktionierte Google Flu Trends zunächst vergleichsweise gut; die Vorhersagen deckten sich in vielen Fällen mit den späteren Analysen der US-Seuchenschutzbehörde CDC. Schon bald aber lagen die Vorhersagen immer öfter daneben: Manche Ausbrüche wurden gar nicht erkannt, andere dagegen, etwa in der Grippesaison 2012-2013, überschätzte GFT maßlos. 2015 wurde das Projekt nach anhaltender Kritik beendet.
Augenbrennen, Tinnitus, Hautausschlag und Schulterschmerzen: Wer sich nicht gut fühlt, geht heutzutage nicht direkt zum Arzt, sondern erst einmal ins Internet. Umfragen zufolge nutzen zwei Drittel der Deutschen das Netz, um "gesundheitsrelevante Informationen" zu finden, sich also über mögliche Krankheiten zu informieren. Nun wollen Forscherinnen und Forscher herausfinden, ob sich bei "Doktor Google" Hinweise auf die Verbreitung des Coronavirus finden lassen – oder sogar bislang unbekannte Symptome.
Wissenschaftler der Harvard Medical School und des University College London haben in einer laufenden Studie (Lampos et al., 2020) Google-Suchanfragen in acht Ländern untersucht, die mit bestätigten Covid-19-Symptomen einhergehen, etwa Fieber, Husten oder der Verlust des Geruchssinns (Anosmie). Das Ergebnis: In allen untersuchten Ländern stiegen in den vergangenen Wochen die Suchanfragen nach Covid-19-Symptomen.