Herr Goller, die ganze Republik trinkt Gin und Tonic. Ist das Fluch oder Segen für die Barlandschaft?
Ganz klar ein Segen, denn viele Leute beschäftigen sich endlich mit gutem Alkohol und sind bereit, mehr Geld für Drinks und Spirituosen auszugeben. Es ist eine gute Entwicklung, dass die Menschen nicht mehr Wodka-Redbull trinken, sondern sich auch mit den Bestandteilen ihres Getränks auseinandersetzen.
Vor ein paar Jahren boomte Aperol Spritz, dann der Hugo, nun ist es Gin Tonic. Was ist das nächste große Ding?
Wenn ich das wüsste, wäre ich wahrscheinlich bald sehr reich. In den Top-Bars wird Gin Tonic immer unwichtiger, in der Hausbar kommt das Phänomen dagegen jetzt erst richtig in Schwung. Generell wird regional sehr unterschiedlich getrunken: In München steht Campari hoch im Kurs, in Frankfurt wird viel Wodka-Soda getrunken.
Was ist denn in den angesagten Bars der Trend?
Hoch im Kurs stehen amerikanische Whiskys. Auch Agavenspirituosen funktionieren gut, also Mezcal und Tequila. Das könnte der nächste Trend werden. In Nordamerika ist Tequila ganz groß. Was sich am Ende durchsetzt, weiß keiner - bei Gin war der Boom auch nicht abzusehen.
Fever-Tree-Gründer Tim Warrillow sagte im stern-Gespräch, dass dunkle Spirituosen der nächste Trend sind. Wird es also Rum?
Seit Jahren erzählen viele Menschen, dass Rum die nächste Trend-Spirituose wird. Aber das glaube ich nicht. Auch wenn es schön wäre, wir haben hierzulande ja einige gute Rum-Brenner.
Was spricht dagegen?
Warum ist Gin-Tonic so eine Erfolgsgeschichte? Weil man es einfach bestellen kann, aber in tausend verschiedenen Variationen. Man muss sich nicht groß damit auseinandersetzen. Rum dagegen ist eine Spirituose, die pur genossen oder als Cocktail verwendet wird. Man bestellt ja nicht Rum-Colas mit Dutzenden verschiedenen Colas.
Das kann ja noch kommen. Mittlerweile gibt es auch mehr Tonics als noch vor fünf Jahren.
Möglich, aber unwahrscheinlich. Gin-Tonic schmeckt mal nach Blüte, mal nach Zitrus oder Wacholder. Rum-Cola schmeckt fast immer süß, vanillig und zuckrig. Viele Limonadenmarken stellen sich breiter auf, Mangogeschmack gewinnt an Popularität. Mit dunklem Rum schmeckt das sehr sommerlich.
Was ist ihr Tipp für einen Drink, der gut schmeckt, aber am nächsten Tag keinen Kater macht?
Der Barkeeper-Geheimtrick: Wermut-Tonic. Davon kann man mehrere Gläser am Abend trinken, ohne zu schnell betrunken zu werden. Das perfekte Getränk, wenn man am nächsten Morgen früh aufstehen muss.
Kommen wir nochmal zum nächsten Sommerdrink zurück. Wenn Sie wetten müssten, wäre es …
… der Moscow Mule. Der steht zwar schon länger auf allen Karten der guten Bars unserer Republik. Ich glaube aber, dass er in der breiten Masse weiter an Akzeptanz gewinnt und auch vermehrt in Bars ohne Cocktail-Fokus und Cafes erscheinen wird. Man kann ihn toll mit verschiedenen Zutaten variieren, mit Minze oder Beeren. Dabei ist der Cocktail ungewöhnlich: Der Drink ist scharf und schmeckt auffällig nach Ingwer. Man erwartet so einen Geschmack zunächst nicht. Niemand sagt: 'Mein Lieblingsgeschmack ist Ingwer". Doch der Drink wird sich durchsetzen. Das zeigt auch der Trend der Limonadenfirmen, die auf Ginger Beer und Ingwer setzen.
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