Urlaub ist für viele in diesen Tagen nicht möglich, umso mehr aber lohnt sich jetzt die Lektüre des Essaybands Melancholie des Reisens. Der 1960 geborene Schriftsteller und Filmemacher Michael Roes schildert darin geradezu intim, wie es ist, als Reisender unterwegs zu sein, etwa im Jemen, in Israel oder in Afghanistan. Dabei geht es weniger um die Orte, die Roes bereist, als um das eigene Ich, das man neu entdeckt. Welche Auswirkung hat es, wenn man sich an einem fremden Ort bewegt? "Fremdheit ist ein körperliches Gefühl, genauer noch: ein Körper-Bewusstsein", erklärt Roes und beschreibt die Hitze, die Gerüche, die Luft. Sehr reflektiert setzt er sich mit Erwartungen und der Subjektivität der eigenen Eindrücke auseinander. "Romantisiere ich?", fragt er etwa und wirft das Problem des Ethnozentrismus auf – die jeweils eigene Brille, die der Reisende auf der Nase trägt und durch die er die Welt sieht.