Die Niederlage des Titelverteidigers bei einer Fußball-WM ist immer ein Paukenschlag. Die Art und Weise, in der die deutsche Mannschaft verloren hat, lässt die Kommentatoren hart mit der DFB-Elf ins Gericht gehen. In den Presseorganen großer Fußball-Nationen, die in Russland gar nicht dabei sind, klingt ein wenig Genugtuung an. Pressestimmen aus dem In- und Ausland:
Die Zeit
Selbstgefällig, behäbig und fast ein wenig dumm: Die deutsche Elf verliert verdient den WM-Auftakt gegen Mexiko. Das Szenario Vorrundenaus ist nicht undenkbar.
Von den acht Weltmeistern, die Bundestrainer Joachim Löw in seine Startelf beorderte, mag ein Anspruch an Qualität ausgehen. Wenn die aber dazu führt, dass aus Erfahrung Nachlässigkeit, aus Status Halbherzigkeit resultiert, ist höchste Alarmbereitschaft angebracht. Mannschaften wie Mexiko zeigen keinen Respekt, nur weil die Gegenspieler mal einen Goldpokal in Händen hatten. Und Löw hatte ja oft genug darauf hingewiesen, dass man von allen gejagt werden würde. Löw hat immer das Leistungsprinzip propagiert und sich am Ende fürs Establishment entschieden: Mesut Özil statt Marco Reus, Khedira statt Goretzka, Jerome Boateng statt Niklas Süle - zu einem vollständigen Generationswechsel fehlte Entschlossenheit. Hoffentlich rächt sich nicht, dass Leroy Sané aussortiert wurde. Einer, der den Unterschied ausmacht.
Schwarzwälder Bote
Selten hat eine DFB-Elf derartige Abstimmungsprobleme offenbart. Wie das taktische Schema aussehen sollte, wird wohl Joachim Löws Geheimnis bleiben. Egal, denn mit Spielern, die ideenlos und meist im Trab versuchen, den Gegner in Bedrängnis zu bringen, gibt's nichts zu gewinnen. Der Bundestrainer muss seinen Standfußballern bis Samstag gehörig Dampf machen.
Spiegel online
Wenn man die beiden Teams an diesem Abend mit Etiketten aus der Mottenkiste des Reportersprechs bedenken wollte, dann spielten die Mexikaner aufopferungsvoll, die Deutschen dagegen eher pomadig. Und hätte der Gegner seine Konter teilweise nicht so schlampig ausgespielt, wäre die Niederlage noch höher ausgefallen. Der Bundestrainer sagte zwar, seine Elf habe in der zweiten Hälfte "alles nach vorn geworfen", aber es fehlte der Mannschaft das innere Feuer. Zeitweilig wirkte sie tatsächlich so, wie man es Titelverteidigern zuschreibt: müde. Und das im ersten Spiel.
Süddeutsche Zeitung
Auch wenn es natürlich immer noch möglich ist, das Achtelfinale zu erreichen, so sind die Vorzeichen nun völlig anders. Denn der Tabellenzweite der Gruppe F trifft im ersten K.-o.-Spiel auf den Sieger der Gruppe E, und es spricht einiges dafür, dass dies Brasilien sein könnte.
Rheinische Post
Das 0:1 gegen Mexiko ist das Resultat einer pomadigen und konzeptlosen Leistung. Vor allem die arrivierten Kräfte enttäuschen.
Bild
Viel zu wenig war das! Viel zu wenig! Satt und behäbig wirkte die deutsche Mannschaft. Wir müssen uns klar werden: Am Samstag gegen Schweden geht es schon ums Überleben. Noch eine Niederlage - und wir sind raus bei dieser WM. RAUS! Dann wäre die Party vorbei, ehe sie richtig angefangen hat.
Die Welt
Deutschland blamiert sich zum Auftakt der WM 2018 gegen Mexiko. Die Mannschaft enttäuschte auf der ganzen Linie. Vor allem in der Zentrale ging es schlimm zu.
Augusburger Allgemeine
Löw muss der Tatsache auf den Grund gehen, weshalb seine Spieler 45 Minuten lang die Fehler aus den vergangenen Partien wiederholt haben. Findet er die Ursache, zählt Deutschland immer noch zu den Teams, die weit kommen können. Aus dem Kreis der Favoriten ist man nun aber vorerst ausgeschieden.
Volksstimme (Magdeburg)
Die DFB-Elf ließ die Klarheit in der Offensive vermissen und zeigte in der Defensive ungewohnte Schwächen. Der Druck ist für die Mannschaft bei der WM in Russland nach nur einer Partie schon riesig. Gegen Schweden muss die Löw-Truppe gewinnen, wenn nicht schon frühzeitig das Aus nach der Gruppenphase drohen soll. Damit würde sich Deutschland in eine traurige Tradition vergangener Weltmeister wie Frankreich, Italien und Spanien einreihen, die nach ihren Titeln vier Jahre danach nicht mal ins Achtelfinale gekommen sind. Löw ist jetzt gefordert. Die eingewechselten Marco Reus und Julian Brandt haben gezeigt, dass sie das Spiel beleben können.
Internationale Pressestimmen
MEXIKO:
"El Universal": "Tor des Lebens, Tor des Sieges, Tor der Weltmeisterschaft. Unglaublicher Sieg und Epos. Der 17. Juni 2018 wird in die Geschichte des mexikanischen Fußballs eingehen, und man wird schwer vergessen, was im Luschniki-Stadion passiert ist."
"Milenio": "Historischer Triumph der Tri gegen Deutschland in Russland 2018. Mexiko hat bei der WM den amtierenden Weltmeister Deutschland 1:0 besiegt, mit einem dynamischen und steilen Fußball in der ersten Halbzeit und einem sehr intelligenten in der zweiten."
"Record": "Mexiko gibt einen Glockenschlag in Russland 2018 mit einem historischen Sieg gegen Deutschland. Mexiko war besser, weil es das wollte, weil man mit Willen und Herz alles kann, egal was."
"Excelsior": "40 000 Landsleute bekamen eine Gänsehaut, als die ersten Worte (der Nationalhymne) ertönten, "Mexikaner zum Ruf des Krieges". Diese erste Strophe war viel mehr als eine Hymne, es war die Warnung vor dem, was kommen wird".
ITALIEN:
"Corriere dello Sport": "Deutschland beim Auftakt k.o.. Mexiko, was für ein Sieg!"
"Tuttosport": "Mexiko-Show in Moskau. Der amtierende Weltmeister auf die Matte gelegt vom Gift mit der Rechten Chucky Lozanos, der Mörderpuppe des PSV. Die Tricolor präsentiert sich in Russland, indem sie die Hierarchien umstürzt."
"La Repubblica": "Miserabler Auftakt der Deutschen. Die Nordamerikaner, Autoren einer großen Darbietung, verdienen den Erfolg."
SPANIEN:
"Marca": "Mexiko überrascht den Weltmeister. Achtelfinale ohne Deutschland?"
"As": "Tränen, die über die Wangen von tausenden Fans im Luschniki-Stadion rollten. Unkontrollierbare Ströme von Bier. Umarmungen unter Unbekannten. Schreie. Explosion. Bilder, die nicht ausreichen, die Größe der Heldentat zu beschreiben."
"El País": "Mexiko macht sich einen Riesenspaß und besiegt Deutschland. Die Mannschaft Osorios haut den Weltmeister um, nach einem mitreißenden Duell mit einer ausgezeichneten ersten Halbzeit und einem verzweifelten Widerstand in der zweiten."
ÖSTERREICH:
"Kronen Zeitung": "Riesen-Überraschung! Deutschland hat bei der Weltmeisterschaft in Russland die Titelverteidigung mit einer Pleite begonnen."
"Kurier": "Start verpatzt: Deutschland blamiert sich gegen Mexiko."
GROSSBRITANNIEN:
"The Sun": "Von den Titelverteidigern wurde erwartet, dass sie ihre mittelamerikanischen Gegner im Luschniki-Stadion niederwalzen würden. Aber Mexiko verblüffte die Zuschauer, indem sie einen 1:0-Sieg einfuhren."
"Daily Mail": "Deutschland erlitt eine Schock-0:1-Niederlage bei ihrem WM-Auftakt. Aber Löw besteht darauf, dass es keinen Grund zur Panik gibt, obwohl drei der vergangenen vier Titelträger in der Gruppenphase rausgeworfen wurden".
"Daily Mirror": "Deutschland fassungslos in ihrem WM-Auftaktspiel. Hirving Lozanos Schlag in der ersten Halbzeit reichte aus, den Mexikanern alle drei Punkte zu sichern, die nun eine große Chance aufs Weiterkommen haben."