Nach der Einigung im Asylstreit mit der CSU hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Ausbau der Schleierfahndung angekündigt. In der Sondersitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion kündigte sie an, dass dies zusätzlich zu den auf dem EU-Gipfel beschlossenen Maßnahmen umgesetzt werden solle. Mit der verstärkten Schleierfahndung soll die Bundespolizei mehr Flüchtlinge finden, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind. Sie sollen dann in spezielle Aufnahmeeinrichtungen gebracht werden.

Die CDU geht davon aus, dass durch diese Maßnahme mehr Flüchtlinge aufgegriffen werden als durch die mit der CSU beschlossene neue Regelung im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet. Dort sind Transitzentren für Asylbewerber geplant, die bereits in einem anderen EU-Staat registriert wurden.

Die Schleierfahndung erlaubt Polizisten innerhalb eines Grenzgebietes von 30 Kilometern, ohne konkreten Anlass und Verdacht Personen anzuhalten und zu kontrollieren. Damit wollen die Ermittler grenzüberschreitende Kriminalität wie Schmuggel oder illegale Einreisen eindämmen und Terrorverdächtige aufspüren. Bislang führen nicht alle Bundesländer Schleierfahndungen durch, ihre Wirkung ist umstritten.

"Sachgerechter Kompromiss" mit der CSU

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sagte, für eine erweiterte Schleierfahndung sei mehr Personal notwendig. Dies sei in der aktuellen Haushaltsplanung aber nicht vorgesehen. GdP-Vize Jörg Radek warnte zudem vor der unverhältnismäßigen Fixierung auf die Grenze zu Österreich, über die nur ein Drittel der Migranten nach Deutschland käme. 2017 seien an der Grenze zu Österreich 16.312 unerlaubte Einreisen festgestellt worden, in den anderen Grenzbereichen seien es 33.823 Fälle gewesen. Dagegen seien die Grenzen zu Belgien und den Niederlanden "offen wie ein Scheunentor", sagte Radek. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen sträube sich aber gegen eine effektive Schleierfahndung.

Merkel sprach in der Fraktionssitzung von einem "sachgerechten Kompromiss" mit der CSU, dessen Umsetzung viel Arbeit machen werde. Jetzt müssten mit den anderen EU-Ländern Vereinbarungen ausgehandelt werden, um eine Rücküberstellung bereits registrierter Flüchtlinge zu ermöglichen. Dies sei ein Beitrag zur "Ordnung, Steuerung und Begrenzung" der Migration, sagte die CDU-Vorsitzende. Angesichts der Debatten in der Union sagte Merkel, dass es gut wäre, "wenn wir in anderen Bereichen der Politik eine ruhige Arbeitsmethode an den Tag legen würden". Die CSU hatte ursprünglich gefordert, bereits in der EU registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Merkel hingegen ist für eine europäische Lösung in der Migrationsfrage und will nicht ohne die anderen EU-Länder entscheiden.

Einwanderungsgesetz soll bis Herbst kommen

CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer sagte in der Sitzung, dass die Union eine sehr gute fachliche Grundlage erzielt habe, um bei der "Asylwanderung in Europa" Ordnung zu schaffen. Er will diese Woche nach Wien reisen, um mit der österreichischen Regierung die Details zu verhandeln. "Wir sperren die Leute nicht ein. Sie können frei nach Österreich im Zweifel zurückkehren. Aber sie können eben nicht einreisen", sagte Seehofer.

Bis Herbst will der Innenminister außerdem ein Einwanderungsgesetz vorlegen. "Wir sind in der Vorbereitung eines Fachkräftezuwanderungsgesetzes schon weit vorangeschritten", sagte Seehofer. Er sei hierzu mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in enger Abstimmung. CDU, CSU und SPD hatten im Koalitionsvertrag ein Fachkräftezuwanderungsgesetz vereinbart, um mehr ausländische Fachkräfte wie IT-Spezialisten anzuwerben. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schlug außerdem vor, auch Pflegepersonal aus den Balkanstaaten anzuwerben.