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Meinung Corona-Krisenmanagement

Die Bundesregierung hat den Bezug zur Wirklichkeit verloren

WELT-Autorin Susanne Gaschke WELT-Autorin Susanne Gaschke
WELT-Autorin Susanne Gaschke
Quelle: Martin U.K. Lengemann
Die Bundeskanzlerin und ihr Corona-Krisenteam haben bei der Pandemiebekämpfung vor allem eins gemacht: Fehler. Nun soll die Einflussnahme der Länder beschnitten werden. Dem und Merkels Corona-Politik muss Einhalt geboten werden.

„Ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode“, heißt es in Hamlet, Shakespeares Drama um den wahnsinnigen Prinz von Dänemark. Warum kommt einem dieser Satz gerade jetzt in den Sinn?

Die Bundesregierung hat in den 14 Monaten der Corona-Krise alles versäumt, was zu versäumen war: Es gibt bis heute keinen nationalen Krisenstab, zu wenige belastbaren Zahlen über das Virus und dessen Ansteckungswege; es gibt keine vernünftige Aufrüstung des Gesundheitswesens, es gibt viel zu wenig Impfstoff.

Merkel will Änderung des Infektionsschutzgesetzes

CDU und CSU wollen die Corona-Maßnahmen bundesweit vereinheitlichen und so eine Notbremse verbindlich festschreiben. Bisher ist das noch Ländersache. Dafür strebt die Unionsfraktion jetzt wohl eine Initiative zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes an.

Quelle: WELT

Das alles hätte Bundessache sein müssen. Und in dieser Lage will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nun ein Gesetz durch Bundestag und Bundesrat peitschen, das es ihr erlaubt, die in Landkreisen und Bundesländern vorhandene Restvernunft zu übersteuern.

Im Namen von Merkels radikaler „No Covid“-Strategie soll der deutsche Föderalismus ausgehebelt werden – jenes Verfassungsprinzip, das 1949 gegen zentralistische Herrschaftsfantasien festgeschrieben wurde.

Als Begründung für dieses Durchregieren von oben dienen steigende „Inzidenzwerte“, die durch massenhafte Schnelltests auch Ansteckungen von Menschen anzeigen, die symptomfrei sind – und außerdem die putative Überlastung der Krankenhäuser.

Diese freilich hätte man längst mit jenen Milliarden von Euro ausstatten können, die jetzt an die ökonomischen Opfer der Corona-Maßnahmen ausgereicht werden müssen.

„Ich möchte verstehen und glauben, dass die Entscheider verstanden haben, was der Unterschied von Krisenmanagement am ersten Tag und im zweiten Jahr ist“, schrieb der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch vergangene Woche in der „FAZ“: „Im Augenblick habe ich daran Zweifel.“

Kritisiert die Corona-Politik der Kanzlerin: der ehemalige hessische Ministerpräsident, Roland Koch
Kritisiert die Corona-Politik der Kanzlerin: der ehemalige hessische Ministerpräsident, Roland Koch
Quelle: dpa-infocom GmbH

Einer der wenigen ehemaligen CDU-Hoffnungsträger, die sich von Angela Merkel nicht haben zerstören lassen, spricht ein großes Wort gelassen aus: Die Bundesregierung hat im sechsten Monat des Dauerlockdowns den Bezug zur Wirklichkeit verloren.

Im Kanzleramt regiert eine „No Covid“-Sekte. Sie verfolgt ein fiktives Ziel – keine Ansteckungen in einem globalisierten Land – und leider haben viele Medien dieser Fiktion mit der Kritik am föderalen „Flickenteppich“ der Corona-Regelungen Schützenhilfe geleistet.

Als ob die Zentralisierung des exekutiven Dilettantismus in Rostock oder Tübingen, in Berlin oder Bremen bessere Ergebnisse verspräche. Der Bundestag muss dem Corona-Wahnsinn des Kanzleramtes Einhalt gebieten.

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