Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die österreichische Regierung für ihre Flüchtlingspolitik kritisiert. "Ich bin von der Haltung unserer österreichischen Nachbarn enttäuscht, sich an der Aufnahme einer überschaubaren Zahl von Schutzbedürftigen aus Griechenland nicht zu beteiligen", sagte er dem Spiegel. "In einer solchen Situation muss Europa Geschlossenheit zeigen. Wenn wir nichts tun, stärken wir die politischen Ränder."

An der Bewältigung der Flüchtlingsfrage müssten sich alle EU-Staaten beteiligen, sagte Seehofer weiter. "Wer sich in der Migrationspolitik nicht solidarisch zeigt, kann auch an anderer Stelle keinen Anspruch auf solidarische Leistung erheben."

Deutschland hat sich nach dem Brand in dem Flüchtlingslager Moria auf Lesbos bereit erklärt, nach bis zu 150 unbegleiteten Jugendlichen weitere 1.553 Menschen aufzunehmen, vor allem Familien mit Kindern. An der Aufnahme von insgesamt 400 unbegleiteten Jugendlichen beteiligen sich nach Angaben des Bundesinnenministeriums insgesamt zehn EU-Staaten und die Schweiz.

Österreich ist damit nicht darunter. Die von der konservativen ÖVP geführte schwarz-grüne Regierung in Wien will keine Flüchtlinge aus Moria aufnehmen, sondern stattdessen vor Ort in Griechenland helfen. Kanzler Sebastian Kurz hatte dies damit begründet, dass sich sonst mehr Menschen auf den Weg nach Europa machen würden.

Einer solchen Haltung, so sagte es Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD), müsse man mehr Verständnis entgegenbringen. "Natürlich brauchen wir ein europäisches Migrationsrecht", sagte er ebenfalls dem Spiegel. "Aber am Ende würde ich kein Land zwingen, gegen seinen Willen Flüchtlinge aufzunehmen. Wer das nicht möchte, muss in anderer Form gleichwertige Beiträge zur Lösung humanitärer Katastrophen leisten."

Die Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag Andrea Lindholz mahnte, dass es keine weiteren Alleingänge Deutschlands geben dürfe. "408 Familien von den griechischen Inseln aufzunehmen, die bereits als Flüchtlinge anerkannt sind, halte ich für vertretbar", sagte die CSU-Politikerin dem Spiegel. Griechenland benötige Hilfe. "Einen deutschen Alleingang sollte es allerdings nicht noch mal geben. Das sendet die falschen Signale. Alle weiteren Lösungen können nur europäisch sein", sagte Lindholz.