Die Drohungen werden persönlich. Den Krieg der Worte zwischen der Kim-Diktatur in Nordkorea und der US-Regierung von Donald Trump macht das nicht besser, im Gegenteil. Man muss sich fragen, worauf diese ins Absolute reichenden Drohungen eigentlich hinauslaufen sollen.

"Rocket man auf Selbstmordmission" nannte Trump Kim Jong Un vor den UN. Woraufhin der an diesem Freitag zum ersten Mal überhaupt sein Gegenüber in Washington direkt ansprach: Er bezeichnete ihn als geistesgestörten Greis und entgegnete auf Trumps Drohung einer möglicherweise "völligen Vernichtung Nordkoreas", er werde sie teuer bezahlen müssen.

Apokalyptische, gegen die USA und ihre Verbündeten gerichtete Ausfälle aus Nordkorea sind nichts Ungewöhnliches. Neu ist die direkte Ansprache. Man muss bedenken, dass es um Atombomben geht, die verheerendste Waffe, die der Mensch je gebaut hat, und dass Trump und Kim keinen direkten Kommunikationskanal pflegen. Bepöbeln sich zwei Staatschefs unter diesen Voraussetzungen auf einem derartigen Niveau, erhöht das die Risiken einer Auseinandersetzung, die nicht mehr nur verbal ist. 

Wohlgemerkt: Kim ist derjenige, der einem bösartigen Unrechtsregime vorsteht, einer, der Raketen und Atombomben bauen lässt und den Weltfrieden bedroht. Und Trump hat als US-Präsident Nordkoreas Bomben von seinen demokratischen und republikanischen Vorgängern als ungelöstes Problem übergeben bekommen. Das ist zweifellos eine schwere Bürde. Aber die Herangehensweise Trumps erscheint in hohem Maße fahrlässig. Die düstere Rede vor der UN-Generalversammlung hat diese Befürchtung erneut bestätigt.

"Geschäfte mit den USA oder Geschäfte mit Nordkorea"

Im besseren Fall wollte Trump mit den Nordkorea-Drohungen die chinesische Führung ansprechen und weniger das Regime in Pjöngjang. Sein Ziel kann es gewesen sein, in Peking die Furcht vor einer Eskalation des Nordkorea-Konflikts weiter zu schüren, um die Chinesen zu noch härteren Sanktionen gegen Nordkorea zu bringen. Das scheint ihm dann auch gelungen zu sein.

Zwei Tage nach seiner UN-Rede unterzeichnete Trump eine Verordnung für eine Serie von Strafen gegen ausländische Unternehmen, die Geschäfte mit Nordkorea machen. Sie zielen darauf ab, jeglichen Handel mit dem Land zu unterbinden. Banken weltweit können demnach künftig keine Geschäfte mehr mit Nordkorea abwickeln und gleichzeitig straffrei Geschäftsbeziehungen in oder mit den USA unterhalten. "Jede Bank steht vor einer klaren Entscheidung", sagte Trump am Rande der UN-Generaldebatte in New York. "Geschäfte mit den USA oder Geschäfte mit Nordkorea." Die US-Konten dieser Institutionen können gesperrt werden.

Die neuen US-Strafmaßnahmen zielen auch auf die Verkehrsverbindungen ab, die Nordkorea für den internationalen Handel nutzt. So wird allen Schiffen und Flugzeugen, die in Nordkorea waren, für das folgende halbe Jahr die Reise in die Vereinigen Staaten untersagt.

Obwohl der US-Präsident es nicht direkt ansprach, ist von diesen Sanktionsdrohungen das Land am stärksten betroffen, das mit Abstand der größte Handelspartner Nordkoreas ist: China. Und tatsächlich hat die chinesische Zentralbank inzwischen begonnen, ihre Transaktionen mit dem Nachbarland zurückzufahren. Prompt dankte Trump dem chinesischen Staatschef Xi Jinping für diesen "kühnen Schritt".

Im besseren Fall steckt das Kim-Regime zurück

Die internationale Isolation Nordkoreas nimmt also noch einmal gewaltig zu. Parallel zum Dekret der US-Regierung beschloss auch die EU am Donnerstag neue Strafmaßnahmen gegen Nordkorea. Dabei sollen Ölausfuhren in das Land untersagt werden und es sind Einreiseverbote und Kontosperren für weitere nordkoreanische Personen, Organisationen und Unternehmen geplant. Der UN-Sicherheitsrat hatte erst vergangene Woche die bisher weitreichendsten Wirtschaftssanktionen gegen Nordkorea beschlossen.

Die Reaktion aus Nordkorea bleibt abzuwarten. Dessen Außenminister ließ verkünden, man könne ja eine Wasserstoffbombe über dem Pazifik explodieren lassen. Darüber werde Kim Jong Un noch entscheiden. Eine Drohung, die ohne Frage eine weitere Verschärfung des Konflikts darstellt. Ein überirdischer Atombombentest ist immer mit größeren Gefahren für Mensch und Umwelt verbunden und hat weitaus mehr provokativen Charakter als die unterirdische Variante. Der letzte solche Test fand 1980 statt und wurde von den Chinesen gezündet.

Ob und wann Nordkorea zu solch einer Eskalation greift, weiß natürlich niemand. Spekulieren lässt sich, dass Pjöngjang wohl erst mal wieder eine Langstreckenrakete testen lässt, um seine Fähigkeit zu demonstrieren, mit seinen Waffen die USA erreichen zu können. Im besseren Fall wäre die Aussicht auf die härtesten Wirtschaftssanktionen, die jemals gegen Nordkorea verhängt wurden, ein Anlass für das Kim-Regime, etwas Druck aus dem Kessel zu nehmen. Im schlechteren erhöhen sich die Spannungen in Ostasien weiter.