Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat eine Entschädigung für Soldatinnen und Soldaten angekündigt, die wegen ihrer Homosexualität in der Bundeswehr diskriminiert wurden. Ein diesbezüglicher Gesetzesentwurf werde in Kürze in die Ressortabstimmung gegeben, sagte Kramp-Karrenbauer bei der Vorstellung einer Studie zum Umgang mit Homosexualität bei der Bundeswehr. Zudem sollten Betroffene rehabilitiert und Urteile von Truppengerichten gegen sie aufgehoben werden.

Kramp-Karrenbauer nannte die lange praktizierte Diskriminierung von Soldaten wegen ihrer sexuellen Orientierung "beschämend und unerhört". Zwar habe es diese auch in anderen Bereichen der Gesellschaft gegeben, in der Bundeswehr aber "noch ein ganzes Stück länger als außerhalb", sagte sie mit Blick auf die Ergebnisse der Studie. "Ich bedaure diese Praxis sehr – die Betroffenen bitte ich um Entschuldigung", sagte Karrenbauer.

"Wir werden nicht jedem, dem Unrecht geschah, gerecht werden können", sagte die Ministerin, aber "wir korrigieren, was möglich ist". Dabei werde die Bundesregierung bis "an den Rand des juristisch Machbaren gehen". Nicht das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung dürften für die Beurteilung von Soldatinnen und Soldaten maßgeblich sein, sondern allein deren Fähigkeiten.

Studie zeigt erhebliche Karrierenachteile für Homosexuelle

In der Studie mit dem Titel Zwischen Tabu und Toleranz beleuchten Sozialforscher der Bundeswehr die juristische Verfolgung von Homosexuellen im Zeitraum von 1955 bis zur Jahrtausendwende. Wegen dieses Vorgehens mussten Soldaten mit erheblichen Karrierenachteilen rechnen, wenn ihre sexuelle Orientierung bekannt wurde. "Gleichgeschlechtliche Orientierung galt in der Bundeswehr bis zur Jahrtausendwende als Sicherheitsrisiko und machte eine Karriere als Offizier oder Unteroffizier unmöglich", schreiben die Autoren der Studie.

Oftmals entschieden die zivilen Gerichte auf Entlassung. "Wurden Soldaten wegen homosexueller Handlungen nach §175 StGB verurteilt, folgten auf das Strafurteil regelmäßig eine Anschuldigung durch den Wehrdisziplinaranwalt und eine Verurteilung durch die Truppendienstgerichte. Dabei spielte keine Rolle, ob es sich um einvernehmlichen Sex handelte", stellen die Forscher fest.

"Die Bundeswehr muss offener und diverser werden"

Die Grünen-Bundestagsabgeordneten Sven Lehmann und Tobias Lindner begrüßten die Studie sowie die "klaren Worte" der Verteidigungsministerin. Die angekündigte Rehabilitierung der Betroffenen sei von großer Bedeutung. "Da sie so spät kommt, ist es umso wichtiger, dass es ein zügiges parlamentarisches Verfahren gibt, damit sie noch möglichst viele Betroffene erreicht", sagten die Grünen-Politiker.

Der FDP-Abgeordnete Jens Brandenburg nannte die wissenschaftliche Aufarbeitung des Umgangs mit Homosexuellen in der Bundeswehr einen "wichtigen ersten Schritt". Die Verteidigungsministerin müsse ihren Versprechen jetzt Taten folgen lassen. Brandenburg kritisierte, dass queere Bundeswehrangehörige auch heute noch Ausgrenzungen erlebten.

Der SPD-Abgeordnete Karl-Heinz Brunner würdigte, dass sich das Verteidigungsministerium nun endlich "zu einer Entschädigung für die Opfer durchgerungen" habe. "Diesen Schritt zur Wiedergutmachung begrüßt die SPD-Fraktion im Bundestag aus vollem Herzen." Die Bundeswehr müsse sich jetzt "grundsätzlich neu ausrichten; offener und diverser werden".

Auch der Lesben- und Schwulenverband forderte rasche Regelungen für die Entschädigung Betroffener. Sie müssten "schnell und unbürokratisch rehabilitiert und entschädigt werden", sagte Vorstandsmitglied Helmut Metzner. Dabei dürfe die Entschädigung "nicht nur symbolisch sein und müssten etwa auch Nachteile bei Rentenansprüchen berücksichtigen".