Nadine Adler kann den Beginn ihrer Krankheit genau datieren. Am 17. März 2020 fing es an, dem Tag, an dem ihre Schule wegen des Coronavirus schloss. Nadine, eine zielstrebige 17-Jährige mit mittelblonden Haaren und wachen, hellen Augen, fühlte sich an diesem Tag kerngesund. Die Krankheit begann unbemerkt in ihrem Kopf. Mit dem Vorsatz: "Ich will abnehmen."

Ein Jahr später, im Frühjahr 2021. Vor ein paar Wochen hat Nadine die Station für Essstörungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Vivantes-Klinikums Berlin-Friedrichshain verlassen. Ein halbes Jahr hat sie dort gelebt. Jetzt fährt sie jeden Morgen in eine Tagesklinik im Südosten Berlins, wo sie weiter daran arbeiten soll, ein normales Verhältnis zum Essen und zu ihrem Körper zu erlernen. Hinter Nadine liegt ein Jahr, das sie für immer mit einer Diagnose verbinden wird: Anorexia nervosa, Magersucht. "Wer weiß", sagt Nadine, "wäre Corona nicht gewesen, vielleicht wäre ich gar nicht krank geworden."