Die Tochter eines in der Türkei inhaftierten Deutschen hat eine Onlinepetition für dessen Freilassung gestartet. Mit der Kampagne "Freiheit für meinen Vater #Enver" will Zeynep Potente, die älteste Tochter von Enver Altaylı, "den Fall näher an die Öffentlichkeit bringen, um mehr Druck aufzubauen". Altaylı besitzt nach Auskunft der Familie sowohl die türkische als auch die deutsche Staatsbürgerschaft.    

Altaylı wurde am 20. August 2017 in Antalya festgenommen. Seit mehr als einem Jahr sitzt der heute 73-Jährige ohne Anklageschrift in Einzelhaft im Sincan-Gefängnis in Ankara. Ihm werden Verbindungen zum in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen vorgeworfen, den die Regierung für den Putschversuch von 2016 verantwortlich macht.

Altaylı ist Schriftsteller. Bis in die Siebzigerjahre war er nach eigenen Angaben für den türkischen Geheimdienst MİT tätig. Der habe ihn 1968 zu Forschungszwecken nach Deutschland entsandt. In den Achtzigerjahren vertrat Altaylı die ultranationalistische Partei MHP in der Bundesrepublik. Auf change.org schreibt Zeynep Potente: "Er engagierte sich sehr für eine demokratisch-liberale Türkei." 

Ihr Vater werde "mit jedem Tag schwächer", weil er an einer Herz- und Stoffwechselerkrankung leide, schreibt Potente. "Wir wissen nicht, wie lange er die Haft noch aushalten kann." Alle Beschwerden gegen die Haftbedingungen seien abgelehnt worden. Schon im März hatte sich auch seine Tochter Zehra Der für die Freilassung ihres Vaters starkgemacht.  

"Kompromissloser Kritiker der türkischen Regierung"

In der aktuellen Petition, die sich an die Bundesregierung und an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier richtet, schreibt Potente, ihr Vater sei nie Mitglied der Gülen-Bewegung gewesen, noch gebe es "irgendwelche Beweise für Aktivitäten, die den Vorwurf gegen ihn begründen könnten". Er sei ein "kompromissloser Kritiker der aktuellen türkischen Regierungspolitik" und wegen seiner "politischen Ansichten" in Haft. "Wir werden weitermachen, bis mein Vater freikommt", sagte Zeynep Potente.

Die Onlinepetition ist einige Tage vor dem Besuch des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan gestartet. Dieser ist vom 27. bis 29. September in Deutschland, unter anderem besucht er Berlin und Köln. Zu diesem Anlass wird auch über sechs Deutsche gesprochen, die aus "politischen Gründen" in der Türkei in Haft sind.