Die deutsche Nationlelf hat gegen Mexiko einen saft- und kraftlosen Auftritt hingelegt und verdient mit 0:1 verloren. So nüchtern könnte man den blamablen Auftritt von Löws Truppe im ersten WM-Spiel beschreiben. Leider reicht der einfache Satz längst nicht aus, um all die Fehler und Schwächen zu benennen, die zu dieser Niederlage geführt haben. Was noch schwerer wiegt: Es fehlt nach diesem Auftritt die Fantasie sich auszumalen, dass das DFB-Team den Schalter umlegt und sich am Samstag gegen Schweden plötzlich in Bestform präsentiert.
Was ist da passiert? Unabhängig von der Tatsache, dass Mexiko seine Sache sehr gut machte - mit viel Tempo, aggressiv und spielstark - hat das DFB-Team all die Schwächen und Unzulänglichkeiten, die schon in den Testspielen gegen Österreich und Saudi-Arabien zu sehen waren, mit nach Russland genommen.
Ballverluste und Konfusion im DFB-Team
Die mexikanische Mannschaft war von Beginn an hellwach. Schon nach einer Minute brannte es lichterloh im Strafraum der Deutschen, nur eine beherzte Grätsche von Jérôme Boateng verhinderte ein Gegentor. In der 35. Minute kamen alle Defizite der Deutschen zusammen und der bärenstarke Hirving Lozano traf zum 1:0.
Dem Gegentreffer ging ein Ballverlust von Khedira voraus. Dahinter gab es keine Absicherung. Außenverteidiger Joshua Kimmich war weit aufgerückt. Hummels verließ seine Position, um den Fehler auszuwetzen, und wurde locker ausgetanzt. Die Mexikaner hatten in der Folge freien Raum ohne nennenswerte Gegenwehr. Mesut Özil eilte zurück, wurde aber im menschenleeren deutschen Strafraum ohne Probleme umkurvt.
In der zweiten Halbzeit folgte ein halbherziges Aufbäumen gegen müder werdende Mittelamerikaner, aber von einem kreativen und Torchancen erwzingenden Spiel war weit und breit nichts zusehen. Was blieb, war die Konteranfälligkeit. Die Deutschen hätten auch 0:2 oder 0:3 verlieren können.
Die Ballverluste wie der von Khedira waren schon gegen Österreich einer der Gründe für die Niederlage. Hinzu kommt: Das ganze Defensivverhalten der deutschen Elf ist eine Katastrophe. Zwischen Mittelfeld und Abwehr klafften riesige Lücken. In der Offensive agierte die Mannschaft ideenlos. Timo Werner, Thomas Müller, Mesut Özil und Julian Draxler waren redlich bemüht, aber es kam nicht viel dabei rum. Die beste Torchance war ein Freistoß von Toni Kroos, den der mexikanische Torwart an die Latte lenkte.
Keine Mannschaft auf dem Platz
Hummels war merklich angefressen nach der Pleite und fand deutliche Worte: "Wir haben wie gegen Saudi-Arabien gespielt - nur gegen einen besseren Gegner. Wir haben ein paar Dinge angesprochen wie leichte Ballverluste und Absicherung, die wir heute leider wieder nicht umgesetzt haben." Dann sagte Hummels einen Satz, der bedenklich stimmt: "Ich verstehe nicht so ganz, warum wir es heute so gespielt haben, weil wir eigentlich schon einen Schuss vor den Bug bekommen hatten."
Ja, warum? Man hatte das Gefühl, dass da keine Mannschaft auf dem Platz steht, die sich blind versteht, sondern eine Truppe, in der es vorne und hinten nicht stimmt. Ein Beispiel: In einer Szene verlor Boateng den Ball im Mittelfeld. Sicher, das war nachlässig, doch es gab offensichtlich keinen Mitspieler, der ihn vor dem in seinem Rücken heraneilenden Gegenspieler warnte. Eine Mannschaft, die nicht miteinander spricht, ist tot. Der Zauber vom Campo Bahia ist in der Moskauer Trabantenstadt Watutinki offenbar verflogen.
Es bleibt nur zu hoffen, dass die Mannschaft die Kehrtwende schafft. Wenn nicht, wird das eine ganz traurige WM.