In der Serie "Kontoauszug" stellen wir regelmäßig Menschen vor, die erzählen, wie viel sie verdienen, wofür sie ihr Geld ausgeben – und wie viel sie monatlich auf die Seite legen. Hier berichtet die 27-jährige Claudia*.

Mein Job

Beruf: Seit 2015 bin ich wissenschaftliche Mitarbeiterin der Literaturwissenschaft an einer der größten deutschen Universitäten. Ich schreibe an meiner Doktorarbeit, vor allem während der Semesterferien, und gebe während der Vorlesungszeit Seminare. Den Job mach ich aber nur noch ziemlich ungern. Zwar liebe ich mein Fach, doch hat der Unibetrieb meinen Spaß an dem Beruf stark gemindert. Die 50 Prozent, die mir gefallen, bestehen aus dem Umgang mit der Literatur und der Vermittlung von Wissen. Die Lehre ist mir wichtig, der Austausch mit den Studierenden bringt mir Freude. Aber dann gibt es noch die anderen 50 Prozent meines Jobs, die mich anwidern: Networking, sich um Finanzierungen von Projekten kümmern, der tägliche Kleinkrieg hinter den Kulissen der Universität: Wer kriegt welche Förderung? Wer arbeitet an welchem Projekt? Alle wollen sich hier ständig profilieren, leisten Arbeiten, ohne Geld dafür zu bekommen, nur damit irgendwo mal ihr Name genannt wird. Das habe ich mir ein Jahr lang angesehen und dann festgestellt: Das ist nichts für mich.

"Weil die Uni nichts für mich ist, sattele ich gerade um."
Claudia*, 27, wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer der größten deutschen Unis

Ausbildung: Ich habe in der Regelstudienzeit meinen Master in Literaturwissenschaft gemacht. Doch weil die Uni nichts für mich ist, sattele ich gerade um: Ich mache zwar meine Doktorarbeit noch fertig, möchte aber eigentlich Lehrerin für Deutsch und Englisch werden, am liebsten am Gymnasium. Daher besuche ich nebenbei Lehramt-Kurse, bekomme dafür Papierscheine, die ich mir dann nach dem Promovieren anrechnen lassen kann. In den Semesterferien werde ich dann für vier Wochen ein Orientierungspraktikum an einer Grundschule machen. Sollte die Uni-Verwaltung davon Wind bekommen, könnte es sein, dass ich keine Vertragsverlängerung bekomme, da ihre Einschätzung dann sein könnte, dass ich nicht ernsthaft promoviere. Der Vertrag ist zunächst auf vier Jahre befristet und kann zweimal jeweils um ein Jahr verlängert werden. Nach sechs Jahren ist also sowieso Schluss.

Wöchentliche Arbeitszeit: Per Vertrag sind es 20 Stunden in der Woche – allerdings nur für die Arbeit an der Uni. Die umfasst die Konzeption von Seminaren, die Literaturrecherche und das Einscannen von Aufsätzen aus Fachbüchern. Und dann natürlich die Seminare selbst. Am Semesteranfang arbeite ich also mehr als 20 Stunden, weil es viel vorzubereiten gibt. Am Ende des Semesters auch wieder mehr, weil ich dann Klausuren korrigieren und Hausarbeiten mit den Studierenden besprechen muss. Nicht zu diesen 20 Stunden gehört die Zeit, die ich dafür aufwende, meine Doktorarbeit zu schreiben. Zähle ich das dazu, nähere ich mich schon den 40 Stunden.

Meine Einnahmen

Bruttoeinkommen: 2.000 Euro.

Nettoeinkommen: 1.400 Euro, seit dem dritten Jahr. Vorher waren es 1.200 Euro.

Meine Ausgaben

Miete: Ich wohne mit einer guten Freundin zusammen in einer WG. Halbwarm kostet die 530 Euro, dann kommen noch 60 Euro für Gas und 20 Euro für Strom dazu. Jeder zahlt die Hälfte an Miete für unsere 70 Quadratmeter große Wohnung.

"Seit ich lehre, kann ich nicht mit löchrigen Klamotten rumlaufen."

Lebensmittel: Da bin ich sparsam, gehe nie auswärts essen, höchstens mal in der Mensa, wo ein Gericht dann drei bis fünf Euro kostet. Zusammen mit meiner Mitbewohnerin lasse ich mir wöchentlich eine Lebensmittelkiste liefern. Da bekommen wir regionales Gemüse und einen Käsekorb. Im Supermarkt kommen dann noch Lebensmittel wie Brot, Nudeln oder Tomatenmark dazu. Oder mal eine Flasche Wein. Insgesamt gebe ich 160 Euro im Monat dafür aus.

Transportmittel: Da habe ich ja zum Glück mein Semesterticket. Das kostet etwa 200 Euro im halben Jahr.

Internet, Mobiltelefon: 20 Euro im Monat, teile ich mir auch mit der Mitbewohnerin. Außerdem habe ich ein Prepaid-Mobiltelefon, für das ich so zehn bis 15 Euro im Monat ausgebe.

Kleidung: 50 Euro im Monat. Seit ich an der Uni lehre, kann ich nicht mit löchrigen Klamotten rumlaufen. Darum trenne ich bei der Kleidung privat und beruflich. Für die Arbeit schaue ich im Shoppingcenter, ob ich da was finde, das nach Office-Mode aussieht. Also eher Bluse und Hose. Das ist mir ein Bedürfnis, da ich ernst genommen werden möchte von meinen Studierenden. Oftmals ist da kaum ein Altersunterschied und so möchte ich die Professionalität wahren. Privat kaufe ich viel Secondhand. Eher rockige Kleidung, viel schwarz also.

Fachbücher: Wenn ich an längeren Projekten wie meiner Doktorarbeit sitze, kaufe ich mir gerne die wichtigsten Fachbücher, anstatt sie mir zu leihen. Sonst muss ich mich ständig um die Verlängerungen kümmern. Im Schnitt sind das bestimmt 30 Euro im Monat. Der Bibliotheksausweis kostet zusätzlich etwa 30 Euro im Jahr.

Arbeitsmaterial: Mal muss ein neuer Laptop her, mal ein neuer Drucker. Die kann ich zum Glück von der Steuer absetzen. So was muss ich aber haben, sonst kann ich nicht arbeiten. Ohne Laptop könnte ich nicht an den verschiedenen Orten arbeiten: zu Hause, in der Uni, in der Bibliothek.

Fitnessstudio: 18 Euro im Monat. Dann nochmal fünf Euro extra in der Woche für Yoga. Das brauche ich als Ausgleich.

"Für meine zwei Meerschweinchen gebe ich 50 Euro im Monat aus."

Hobbies: Ich gehe sehr gerne auf Metal- und Rockkonzerte. Zu Spitzenzeiten sind das schon mal 150 Euro im Monat. Dann aber auch wieder für einige Wochen gar nichts.

Haustiere: Zwei Meerschweinchen, für die ich monatlich etwa 50 Euro ausgebe, wenn ich Futter, Zubehör und Tierarztkosten aufs Jahr verteile. Eines davon ist chronisch krank und braucht daher immer spezielles kostspieliges Futter und Medikamente, daher muss ich öfter mal zum Tierarzt.

Reisen: Ich gehe sehr gerne Backpacken, bin dann für Wochen weg – ohne meine Mails zu checken. In meinem Beruf geht das ja nur in der vorlesungsfreien Zeit. Ich zahle nur für den Flug viel Geld – zuletzt 650 Euro nach Sri Lanka. In den drei Wochen, in denen ich da war, habe ich dann aber nur 300 Euro ausgegeben, da ich in Gästehäusern übernachtet habe. Diese Reisen halten mich über Wasser, nur durch die komme ich durch das Jahr. Da lade ich meine Batterien auf. Wenn ich weit weg bin, kann ich besser darüber nachdenken, wo ich in meinem Leben hinwill.

Das bleibt übrig

Ich spare konsequent, lege jeden Monat 300 Euro per Dauerauftrag aufs Sparkonto. Wenn dann mal die Waschmaschine kaputtgeht oder ich auf Reisen gehe, zwacke ich davon aber natürlich wieder etwas ab.

*Name von der Redaktion geändert. Die Protagonistin fürchtet einen beruflichen Nachteil, wenn sie mit ihrem echten Namen über ihre Arbeitsbedingungen spricht.