Urteil mit Signalwirkung :
BGH bestätigt Strafbarkeit im Cum-Ex-Skandal

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Der BGH urteilt: Die in den milliardenschweren Cum-Ex-Steuerskandal verwickelten Börsenhändler haben sich strafbar gemacht.
Mit Hilfe von Cum-Ex-Geschäften sollen Aktienhändler über Jahre hinweg dem Staat das Geld aus der Tasche gezogen haben. Der Bundesgerichtshof hat nun erstmals klargestellt, dass das strafbar war. Das Urteil hat Signalwirkung.

Im milliardenschweren Cum-Ex-Steuerskandal hat der Bundesgerichtshof erstmals festgestellt, dass sich die darin involvierten Börsenhändler strafbar gemacht haben. Die höchsten deutschen Strafrichter bestätigten am Mittwoch die Verurteilung zweier Börsenhändler, gegen die im vergangenen Jahr Bewährungsstrafen verhängt worden waren. Die Richter stellten zudem klar, dass der Staat die Gewinne einziehen darf, die aus den strafbaren Handlungen gezogen wurden (Az.: 1 StR 519/20). 

In dem ersten Cum-Ex-Strafurteil hatte das Landgericht Bonn die beiden Angeklagten Martin S. und Nicholas D. wegen Steuerhinterziehung beziehungsweise Beihilfe zur Steuerhinterziehung in mehreren Fällen zu Bewährungsstrafen verurteilt. S. soll zudem 14 Millionen Euro an Erträgen aus den Geschäften zurückzahlen. Als einziges von ursprünglich fünf nebenbeteiligten Finanzinstituten sollte das Bankhaus Warburg 176 Millionen Euro zahlen. 

Das dem Urteil zugrundeliegende Strafverfahren war in mehrerer Hinsicht ungewöhnlich. Die beiden Börsenhändler aus London waren geständig und hatten vor Gericht erstmals öffentlich dargelegt, wie die komplizierten Cum-Ex-Geschäfte in der Praxis funktionieren. Das wurde bei der Strafe berücksichtigt. Sie beteuerten, damals nicht auf die Idee gekommen zu sein, dass sie etwas Strafbares tun.

Ermittlungen gegen mehr als Tausend Beschuldigte

Dagegen stellten die Karlsruher Richter klar, dass an der „vorsätzlichen Begehung“ kein Zweifel bestünde. Die Beteiligten hätten „bewusst arbeitsteilig“ auf die Auszahlung nicht abgeführter Kapitalertragssteuer hingewirkt. 

Grundlage für die Deals waren Transaktionen mit Aktien, die rund um den Dividendenstichtag des jeweiligen Unternehmens gehandelt wurden. In diesem Zusammenhang konnten sich professionelle Investoren die gezahlte Kapitalertragssteuer auf die Dividenden erstatten lassen. Durch eine Fehlkonstruktion in der Abwicklung solcher Geschäfte konnten sich Anleger die nur einmal gezahlte Steuer mehrmals erstatten lassen. Der Name dieser Transaktionen entstand dadurch, dass die Aktien sowohl mit – also „cum“ – Dividendenanspruch als auch ohne – also „ex“ – gehandelt wurden.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs hat Signalwirkung weit über den Einzelfall hinaus. Es ist das erste höchstrichterliche Urteil in dem Komplex, der als der größte Steuerskandal in der Geschichte der Bundesrepublik gilt. Es sind noch weitere Strafverfahren anhängig, zudem könnten Hunderte hinzukommen: Die Strafverfolger führen Ermittlungen gegen mehr als Tausend Beschuldigte.