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Wirtschaft Silvester

Die Stunde der höchsten Feinstaubbelastung

Freier Korrespondent Handel und Konsumgüter
So gefährlich ist illegales Feuerwerk

Auch in diesem Jahr werden die Deutschen zum Jahreswechsel wieder Feuerwerk für geschätzte 130 Mio. Euro in den Himmel schießen. Darauf sollten Sie beim Einkauf achten, damit Sie auch sicher ins neue Jahr gelangen.

Quelle: Die Welt

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Fast nirgendwo in Europa ist der Verkauf von Pyrotechnik strikter geregelt als in Deutschland. Dennoch lassen sich die Bundesbürger den Spaß 133 Millionen Euro kosten. Dabei gilt es jedoch, einiges zu beachten.

Es zu Silvester krachen zu lassen gehört für viele zum unverzichtbaren Ritual. Doch wer in Deutschland das neue Jahr mit Böllern und Feuerwerksraketen begrüßen will, muss sich sputen. Auf ganze drei Verkaufstage – in diesem Jahr vom 29. bis 31. Dezember – hat der Gesetzgeber den Kauf begrenzt.

„Das ist gemeinsam mit den Niederlanden europäischer Tiefstwert“, heißt es in einem Vergleich der Bestimmungen in 15 europäischen Ländern. Die Gegenüberstellung des Vergleichsportals Netzsieger zeigt, wie unterschiedlich die Gefahren durch die Explosivstoffe in den Ländern eingeschätzt werden – von europäischer Harmonisierung keine Spur.

Den engen Zeitrahmen nutzen die Deutschen allerdings eifrig. In den drei Verkaufstagen des vergangenen Jahres haben sie 133 Millionen Euro für den Krach und Feuerzauber ausgegeben. Für das laufende Jahr rechnet der Verband der Pyrotechnischen Industrie (VPI) mit einer ähnlichen Größenordnung.

Quelle: Infografik Die Welt

Das Geld für den kurzlebigen Spaß am Nachthimmel sitzt dabei immer lockerer. So ist erst 2007 erstmals die Marke von 100 Millionen Euro Umsatz überschritten worden. Nur Knallerbsen, Wunderkerzen, Tischfeuerwerke und ähnliche Produkte der Kategorie eins dürfen ganzjährig über den Ladentisch gehen.

Batteriefeuerwerke werden beliebter

Der Großteil der Ware stammt aus China. Wachsender Beliebtheit erfreuen sich laut VDI die Batterie- und Verbundfeuerwerke. Motto: Lunte anzünden und zurücklehnen. Der Funke wandert selbsttätig weiter und erzeugt eine Serie von Knall-, Knister- und Lichteffekten. Während die billigsten Produkte schon für weniger als zehn Euro zu haben sind, können Luxusvarianten mit mehreren Hundert Euro zu Buche schlagen.

Die Einkaufsmöglichkeiten variieren stark in Europa. „Am liberalsten sind die Gesetze in Polen, Belgien, Tschechien und Spanien“, heißt es in der Auswertung des Portals. In diesen Ländern sei den Hobbypyrotechnikern nicht nur der Kauf, sondern auch das Zünden von Krachern und Raketen ganzjährig ohne jede zeitliche Einschränkung erlaubt.

Bei Eigenimporten rät die Bundesanstalt für Materialforschung allerdings zu größter Vorsicht. „In Deutschland darf nur zugelassenes Feuerwerk gekauft und abgebrannt werden“, mahnte die Bundespolizei Ende November, nachdem sie kurz zuvor in der Wohnung eines 26-jährigen Mannes in Stralsund mehrere sogenannte Polenböller, Kugelbomben und „Crazy Robots“ – extrem laute Blitzknallkörper – beschlagnahmt hatte.

Einfuhr nicht zugelassener Feuerwerkskörper ist strafbar

„Die Einfuhr von nicht zugelassenen Feuerwerkskörpern ist nach den Vorschriften des Sprengstoffgesetzes verboten und strafbar. Es wird stets ein Strafverfahren eingeleitet“, heißt es auf der Website „Zoll online“. Doch die Abschreckungswirkung ist offenbar gering – die beschlagnahmten Mengen wachsen vor allem an den Grenzen nach Tschechien und Polen.

Im vergangenen Jahr konfiszierte die Bundespolizei mehr als 151.000 große Feuerwerkskörper, dazu kamen 1,85 Tonnen kleinteiliges Feuerwerk – dreimal so viel wie noch zwei Jahre zuvor. „Von diesen Böllern gehen erhebliche Gefahren aus, und sie können bei Detonation in unmittelbarer Nähe schwere Verletzungen verursachen“, mahnen die Ermittler.

Bundespolizei warnt vor illegalen Silvesterknallern

An den Grenzen zu Polen und Tschechien wird wieder kontrolliert. Die Bundespolizei sucht nach illegaler Pyrotechnik. Trotz der bekannten Gefahren versorgen sich wieder viele Hobbyfeuerwerker mit den verbotenen Knallern.

Quelle: Die Welt/Christoph Hipp

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In Deutschland darf nur Feuerwerk mit dem einheitlichen CE-Kennzeichen verkauft und gezündet werden – egal, wo es hergestellt und in welchem EU-Land es geprüft worden ist. Der Europäische Gerichtshof kippte erst vor wenigen Wochen mit einem Urteil vom 27. November einen deutschen Sonderweg. Bis dahin musste die Bundesanstalt für Materialforschung stets zusätzlich zum CE-Zeugnis ihren Segen geben, bevor Kracher und Raketen auf den deutschen Markt gebracht werden durften.

Feuerwerksverkauf unterliegt lokalen Sonderregelungen

Diese Praxis, befanden die Richter, stelle ein Handelshemmnis dar. Der Branchenverband geht zwar ebenfalls davon aus, dass das CE-Zeichen reicht, um den Import gefährlicher Böller zu verhindern. Allerdings könnten die Verbraucher jetzt nicht mehr unbedingt darauf vertrauen, dass alle Produkte verständlich auf Deutsch gekennzeichnet seien und eine entsprechende Gebrauchsanweisung beiliege. Deshalb empfehle es sich, zusätzlich auf das VPI-Label zu achten.

Wie und wann Kracher und Raketen gekauft und abgebrannt werden dürfen, hängt europaweit nicht nur von der jeweiligen nationalen Gesetzgebung ab, sondern häufig auch von zusätzlichen lokalen Sonderregelungen. So sei die Verwendung in Brüssel generell verboten, nicht jedoch in anderen belgischen Städten, heißt es in dem Vergleich des Portals Netzsieger. Auch in Amsterdam und Paris seien private Silvesterfeuerwerke generell untersagt.

Sowohl in Deutschland als auch international neigen die lokalen Behörden zunehmend zu Einschränkungen. Ein Grund sind Auswüchse wie das absichtliche Abschießen von Feuerwerksraketen auf Menschen, aber auch die Angst vor Bränden und Verletzungen. Dazu kommt der Lärmschutz. Deshalb gelten die Restriktionen oft in der Nähe von Krankenhäusern, Kirchen, Altenheimen sowie in Gebieten mit zahlreichen Reet- und Fachwerkhäusern.

Immer mehr deutsche Städte schränken Feuerwerk ein

Die Zahl der böllerfreien Zonen wächst bundesweit stetig. In diesem Jahr darf der Feuerzauber weder am Brandenburger Tor in Berlin noch auf Sylt oder Spiekeroog stattfinden. In Göttingen haben sich die Verbotsbefürworter kürzlich durchgesetzt, in Goslar schon vor Jahren – dort hatten Raketen im Jahr 2008 gleich drei Fachwerkgebäude in der Altstadt in Brand gesetzt.

Beim Silvesterfeuerwerk am Brandenburger Tor dürfen die Gäste nur zuschauen. Selber Raketen mitzubringen und abzuschießen, ist verboten
Beim Silvesterfeuerwerk am Brandenburger Tor dürfen die Gäste nur zuschauen. Selber Raketen mitzubringen und abzuschießen ist verboten
Quelle: Getty Images

Düsseldorf hat die Pyrotechnik vom Burgplatz am Rhein verbannt, Dortmund von seinem zentralem Platz Alter Markt in der Nähe des Hauptbahnhofs. Auch in Potsdams Welterbepark wird der Übergang ins neue Jahr ohne Lärm- und Lichteffekte gefeiert. In den Niederlanden haben mehrere Dutzend Kommunen Verbote durchgesetzt.

Die Gegner führen – zusätzlich zur Gefahr von Verletzungen von Bränden – eine Reihe weiterer Argumente an. So sei die erste Stunde des Jahres in deutschen Städten diejenige mit der allerhöchsten Feinstaubbelastung, weil viele Tonnen brennbares Material in Rauch aufgehen. Auch die Emissionen an Treibhausgas seien klimaschädlich hoch. Nach der Statistik des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft ist Silvester zudem traditionell einer der schadenträchtigsten Tage des ganzen Jahres.

Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass der Brauch, das neue Jahr mit Licht und Lärm zu begrüßen, deshalb weniger begeistert praktiziert wird. „Wenn Fontänen und Raketen aufsteigen, lassen begeisterte Ahs und Ohs nicht lange auf sich warten“, dichtet die Branchenlobby VPI. Eine noch deutlichere Sprache spricht deren Verkaufsstatistik.

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