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  4. CSU-Parteitag: Konfrontation zwischen Merkel und Seehofer

Deutschland Kanzlerin bei CSU

Seehofer führt Merkel wegen Asylpolitik vor

Seehofer kanzelt Merkel auf offener Bühne ab

Horst Seehofer wirbt beim CSU-Parteitag offen für eine Obergrenze für Flüchtlinge. Ein Affront gegen die Kanzlerin, während die direkt daneben steht. Die Basis hingegen feierte ihren Parteichef.

Quelle: Die Welt

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Auf dem CSU-Parteitag muss die Kanzlerin ihre Flüchtlingspolitik erklären. Schon der Empfang ist eisig, der Abgang sogar demütigend: Der CSU-Chef erklärt ihr auf offener Bühne, was sie falsch macht.

Am Ende ist es sogar eine Demütigung. Angela Merkel steht beim CSU-Parteitag auf der Bühne, alle Scheinwerfer und Kameras sind auf sie gerichtet, aber reden darf die mächtigste Frau Europas jetzt nicht mehr. Das macht der CSU-Chef Horst Seehofer, minutenlang erklärt der bayerische Ministerpräsident der Kanzlerin, was sie falsch macht.

"Keine Ideologin, sie versucht pragmatisch Probleme zu lösen"

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Quelle: Die Welt

„Wir sind der festen Überzeugung, dass diese große historische Aufgabe“ nicht zu schaffen sei, „wenn wir nicht zu einer Obergrenze für die Zuwanderung der Flüchtlinge kommen“. Da jubelt der Saal, der zuvor bei einer mit knapp 22 Minuten ungewöhnlich kurzen Rede der Kanzlerin nur sehr spärlich applaudiert hatte. Denn Merkel hatte keinen Schritt auf die Bayern zugemacht. Ja, sie hat die „Obergrenze“, nicht einmal als Diskussionspunkt genannt, sondern regelrecht für die Zukunft ausgeschlossen.

Seehofer hat dabei vor Zorn gebebt und rächt sich sofort. Merkel steht noch immer neben ihm, muss wie ein Schulmädchen zu dem groß gewachsenen Mann aufschauen, der ihr nun tatsächlich droht: „Wir sehen uns zu diesem Thema wieder.“

Delegierte stehen nicht für Merkel auf

Der Bayer agiert an der Grenze zur Unverschämtheit, aber er hat die Delegierten hinter sich. Schon bei Merkels Einmarsch war mehr als die Hälfte der Delegierten demonstrativ sitzen geblieben. Der Kanzlerin wurden Plakate mit „Zuwanderung begrenzen“ und dem CSU-Logo entgegengehalten, einer hatte sogar ein „Merkel raus“-Schild vorbereitet.

"Deutschland muss Champion bleiben"

Angela Merkel betonte auf dem IT-Gipfel in Berlin die Wichtigkeit der Digitalisierung für den Fortschritt in Deutschland. Zudem warb die Kanzlerin für eine Reform des EU-Wettbewerbsrechts.

Quelle: Die Welt - Reuters

Die Kanzlerin, der die Anspannung ins Gesicht geschrieben stand, lobte zunächst: „Soldaten und Polizisten“ für ihren Einsatz bei der Terrorbekämpfung, die Bayern, die in der Flüchtlingskrise „Überragendes“ leisten. Doch selbst dafür gab es nur pflichtschuldig Applaus.

Merkel sprach an, was alle hier bewegt: „Ich bin zutiefst davon überzeugt: Wir müssen an unseren nationalen Grenzen, besonders an der deutsch-österreichischen Grenze, die Abläufe ordnen und steuern.“ Hier seien schon „erhebliche Fortschritte“ gemacht worden, etwa durch die Stärkung der Bundespolizei: „Das ist unser gemeinsames Anliegen, das war eine richtige Entscheidung.“

Merkels Mantra wollen sie nicht mehr hören

Der „Schutz unserer Grenzen“ sei „unabdingbar“, sagte Merkel zwar, aber das war nur eine semantische Konzession. In der Sache wich Merkel nicht von ihrem alten Kurs: keine Schließung der bayerische Grenze. Statt dessen will Merkel alle Kraft auf eine europäische und internationale Lösung setzen: „Um eine der großen Errungenschaften zu bewahren, die Freiheiten, die uns das Schengen-Abkommen gibt.“ Jetzt klatschte kaum noch einer.

Mit Schleuserbekämpfung und internationalen Vereinbarungen über legale Migration wolle sie die Anzahl der Flüchtlinge reduzieren: „So schaffen wir es, im Gegensatz zu einseitig festgesetzten Obergrenzen, eine Lösung zu finden, die im Interesse aller liegt.“ Das wollte hier keiner hören.

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Wie geht es in der Flüchtlingskrise weiter? Dazu haben sich Angela Merkel und der österreichische Kanzler Faymann in Berlin getroffen - sehen Sie hier das Statement der Kanzlerin.

Quelle: Die Welt

Selbst die Beschwörung von Helmut Kohl und Konrad Adenauer und ihr „europäisches Friedenswerk“ kamen nicht an: „Es stehen nicht gleich die Panzer vor der Tür“, sagte Merkel, als könne eine andere Flüchtlingspolitik langfristig sogar zu Krieg führen. Sie schloss mit einem Appell: „Abschottung und Nichtstun sind keine Lösung im 21. Jahrhundert.“

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Jetzt war Seehofer dran. Er gratuliert ihr zur zehnjährigen Kanzlerschaft, wird kurz anekdotisch. Merkel muss neben ihm schweigend ausharren. Seehofer spricht fast so lange wie die Kanzlerin zuvor. Ohne das geringste Anzeichen von Kompromissbereitschaft macht er deutlich, dass die CSU nicht bereit ist, in der Flüchtlingsfrage ihre Position preiszugeben. „Wir wollen die Flüchtlingszahlen re-du-zie-ren“, sprach er überbetont wie zu einer Schwerhörigen, „das ist unsere Überzeugung, meine tiefe Überzeugung.“

„Wir sehen uns bei diesem Thema wieder“

War dieser Affront geplant? Wohl nicht. Seehofer war enttäuscht, dass Merkel ohne Friedensangebot zu seiner CSU gekommen war. Vorher hatte es keine Absprachen zwischen den Vorsitzenden der Unionsparteien gegeben. Angesichts der Stimmung der CSU glaubte Seehofer wohl, ohne Distanzierung ein gutes Ergebnis für seine Wiederwahl am kommenden Tag zu gefährden.

Deshalb machte er überdeutlich, dass er nicht nachgeben werde, aber dies von Merkel erwarte. „Du hast hart zu arbeiten und du weißt: Wir sehen uns bei diesem Thema wieder. Ich hoffe, es kommt zu einer Verständigung.“ Was sonst passiert, ließ Seehofer offen.

Merkel verließ den Parteitag durch einen Nebenausgang.

Merkel: „Keine Flüchtlingsobergrenze“

In München hat Bundeskanzlerin Angela Merkel der CSU-Forderung nach einer Obergrenze eine Absage erteilt. Merkel sagte wörtlich: „Abschottung und Nichtstun sind keine Lösung im 21. Jahrhundert“.

Quelle: Die Welt

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