Es war ein Paukenschlag an der Säbener Straße, einen Tag bevor Carlo Ancelotti sein erstes Training beim FC Bayern leitet. Matthias Sammer und der FC Bayern werden in Zukunft getrennte Wege gehen. Sammer verlasse den Verein „auf eigenen Wunsch“, teilte Bayern am Sonntagabend mit.
Bereits seit dem April dieses Jahres konnte Sammer seine Tätigkeit als Sportvorstand beim FC Bayern nicht mehr ausüben. Der 48-Jährige hatte einen leichten Schlaganfall erlitten und musste sofort in medizinische Behandlung. Klubarzt Professor Roland Schmidt sprach von einer „winzigen Durchblutungsstörung im Gehirn, die komplett und folgenlos ausheilen wird“.
Auch wenn die Vermutung naheliegt, hat die Trennung nicht ausschließlich mit der Krankheit zu tun. Dies bestätigte Sammer selbst: „Mir geht es sehr gut. Meine Gesundheit ist wiederhergestellt. Die umfangreichen medizinischen Untersuchungen haben dies zu 100 Prozent bestätigt.“ Vielmehr führte er den hohen Zeitaufwand und den großen Energieverlust als Begründungen an.
Es steckt aber durchaus mehr dahinter. Es geht vor allem um zwei Arbeitsfelder, die Sammer nicht mehr wie gewünscht ausfüllen konnte.
1. Der sportliche Bereich
Sammer war vor genau vier Jahren vom DFB geholt worden, sollte die schleppende Nachwuchsarbeit auf Vordermann bringen und wurde mit hohen Befugnissen bei Transfers ausgestattet. Beides trug nicht die erhoffen Früchte. Die Nachwuchsteams sowie die zweite Mannschaft des FC Bayern befinden sich nach wie vor nicht auf Topniveau. Sammer zugeschriebene Transfers wie Sinan Kurt, Mitchell Weiser oder Sebastian Rode verpufften.
Auch deshalb wurde vor zwei Jahren Michael Reschke aus Leverkusen geholt. Der Technische Direktor gilt seitdem als neuer Stratege des Klubs, Toptransfers wie Kingsley Coman oder Douglas Costa gehen auf sein Konto. Nach Sammers Aus könnte Reschke nun auch offiziell noch mehr Befugnisse erhalten. Interessant ist das Wie. Sollte Reschke zum Sportvorstand aufsteigen, käme ein neues Aufgabengebiet hinzu, das er bislang meidet wie der Bayern-Fan das 1860-Klubheim: die Außendarstellung. Reschke arbeitet gern im Verborgenen und meidet die Öffentlichkeit. Im Gegensatz zu Sammer.
2. Die Außendarstellung
Denn Sammers zweites großes Betätigungsfeld war sicherlich die Öffentlichkeitsarbeit. Er gab den Mahner, rüttelte die Mannschaft wach, attackierte die Medien. Kurzum: Neben Karl-Heinz Rummenigge, mit dem er wahrlich kein harmonisches Traumpaar bildete, war er das Sprachrohr des FC Bayern. Und hätte als solches bald ebenfalls überflüssig werden können.
Sammers Rücktritt darf als weiteres Indiz dafür gewertet werden, dass Uli Hoeneß nach verbüßter Haftstrafe in den nächsten Wochen sein Comeback beim FC Bayern ankündigen wird. Er würde dann wohl wieder das Präsidentenamt und natürlich die berühmte „Abteilung Attacke“ übernehmen.
Zusammenfassend darf festgehalten werden, dass Sammer keine Lust hatte, den Frühstücksdirektor zu geben. Denn darauf hätte seine seit Monaten schleichende Entmachtung hinauslaufen können. Sein Entschluss ist also ehrlich und ehrenwert. Sammer hätte seinen gut dotierten Vertrag bis 2018 auch aussitzen könnten. Selten traf die gerade im Fußball so überstrapazierte Floskel „im gegenseitigen Einvernehmen“ so den Kern wie in diesem Fall.