UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat Indien und Pakistan zur sofortigen "Deeskalation der Lage" im Kaschmir-Konflikt aufgerufen. Er biete sich als Vermittler an, sagte sein Sprecher. Das müsse allerdings von beiden Seiten akzeptiert werden.

Der Konflikt zwischen den Ländern hatte sich deutlich verschärft, nachdem Rebellen vor zwei Wochen eine Militärbasis im indischen Teil Kaschmirs angegriffen und dabei 17 indische Soldaten getötet hatten. Indien machte angeblich von Pakistan unterstützte Terroristen für die Attacke verantwortlich und reagierte mit einem Vergeltungsschlag: Am vergangenen Donnerstag erklärte Indien, mehrere Stellungen der Rebellen auf der pakistanischen Seite Kaschmirs attackiert zu haben. Obwohl es an der Kontrollinie innerhalb Kaschmirs immer wieder Schusswechsel gibt, ist der Einsatz von Bodentruppen auf gegnerischem Gebiet selten. Pakistans Premierminister Nawaz Sharif nannte den Angriff eine "offene Aggression".

Aus Angst vor einer militärischen Antwort Pakistans evakuierte Indien daraufhin mehrere Dörfer entlang der Grenze. Ein Reporter der Nachrichtenagentur afp berichtete, im Dorf Naushera Dhalla seien von den 4.500 Einwohnern nur einige Männer zurückgeblieben, um das Land zu bewachen. Das Dorf war auch 1971 evakuiert worden, als es zwischen den verfeindeten Staaten letztmals zum offenen Krieg gekommen war.

Die sogenannte Kontrolllinie teilt Kaschmir in eine indische und einen pakistanische Seite. Beide Länder erheben aber Anspruch auf die gesamte Region. Seit 2003 besteht offiziell eine Waffenruhe an der Grenze, trotzdem kommt es immer wieder zu gewalttätigen Zwischenfällen. 

Im Grenzgebiet kam es nun erneut zu Feuergefechten. Indien und Pakistan beschuldigten sich gegenseitig: Nach pakistanischer Darstellung haben Soldaten Pakistans auf einen "grundlosen" Beschuss von indischer Seite reagiert. Eine "gebührende Antwort" habe den indischen Angriff beendet. Das indische Verteidigungsministerium widersprach: Seine Truppen hätten reagiert, nachdem pakistanische Ranger an mehreren Stellen der Grenze auf die indische Seite geschossen hätten. Beide Parteien hätten kleinere und Automatik-Waffen benutzt. Der gegenseitige Beschuss dauere an.

Das Auswärtige Amt rät von Reisen in die Region ab

In den vergangenen Monaten wurde die Situation in Kaschmir immer angespannter. Seit der Tötung eines Separatistenführers durch indische Soldaten im Juli kam es regelmäßig zu Demonstrationen, gegen die die Polizei hart vorging: Im Verlauf der Proteste wurden bislang fast 90 Menschen getötet. Auch eine Ausgangssperre hinderte die Menschen nicht daran, auf die Straße zu gehen. Das Auswärtige Amt riet von "nicht unbedingt notwendigen Reisen in die unmittelbare Grenzregion zu Pakistan" sowie nach Kaschmir einschließlich der Regionalhauptstadt Srinagar ab.

Im Konflikt um Kaschmir starben seit 1989 mehr als 68.000 Menschen. Viele Einwohner des vorwiegend muslimischen Teils unter indischer Herrschaft fordern die Unabhängigkeit oder den Zusammenschluss mit Pakistan. Die indische Armee hat hunderttausende Soldaten in der Himalaya-Region stationiert.