Günther Oettinger spricht sich dafür aus, dass die EU Sanktionen gegen Spanien und Portugal verhängt. Grund dafür sei, dass beide Länder im letzten Jahr ihre Haushaltsverpflichtungen nicht erreicht hätten, sagte der EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft in einem Interview mit der Bild-Zeitung. Noch im Mai dieses Jahres hatte die EU mit Rücksicht auf die anstehenden Wahlen in Spanien keine Sanktionen beschlossen. Günter Oettinger hatte diese Entscheidung verteidigt. Jetzt fordert er: "Wenn die Kommission ihre Glaubwürdigkeit bei der Einhaltung von Haushaltsregeln bewahren will, müssen wir Sanktionen gegen Spanien und Portugal beschließen." Wenn man sich gemeinsame Regeln gebe, müsse man die auch einhalten, sagte Oettinger. Alles andere könne man den Menschen nicht erklären.


In einem Interview mit dem Spiegel hatte der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis aus Lettland, eine baldige Entscheidung zu Sanktionen gegen Spanien und Portugal angekündigt. Womöglich könnte sich die Kommission schon bei ihrer nächsten Sitzung am Dienstag mit der Frage nach Strafmaßnahmen beschäftigen. Sanktionen könnten allerdings letztlich nur vom Ministerrat beschlossen werden, wobei Portugal und Spanien aber kein Stimmrecht hätten.

Ausnahmen für Frankreich

Hintergrund der Diskussion ist, dass sich die Mitgliedsstaaten der EU zum sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspakt verpflichtet haben, um die finanzielle und wirtschaftliche Stabilität zu garantieren. Demnach darf das Haushaltsdefizit eines Mitgliedstaates die Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes nicht überschreiten. Ein betroffenes Mitgliedsland müsste unter anderem mit Geldstrafen von 0,2 bis zu 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts rechnen. Erst im Februar hatte die EU-Kommission allerdings entschieden, Frankreich bis 2017 Zeit zu geben, sein Haushaltsdefizit zu korrigieren. Nach Berechnungen des Finanzministeriums in Paris soll das französische Haushaltsdefizit in diesem Jahr bei 4,1 Prozent liegen. In der Vergangenheit gab es noch weitere Ausnahmen. 2003 entschieden die EU-Finanzminister beispielsweise, dass Frankreich und Deutschland keine Sanktionen auferlegt wurden, obwohl sie die Kriterien verletzt hatten.