Sollte es tatsächlich höhere Strafen für Einbrecher geben, die durchs Land reisen und systematisch in Wohnungen einsteigen, wird sie das allein wahrscheinlich nicht abschrecken. Zu dieser Einschätzung kommt eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts in Hannover. Es ist die erste Studie, die sich mit dem Phänomen reisender Wohnungseinbrecher aus dem Ausland beschäftigt. Der Norddeutsche Rundfunk hat erste Ergebnisse der Untersuchung eingesehen.

Laut Bundeskriminalamt hat sich in den vergangenen fünf Jahren der Anteil der ausländischen Tatverdächtigen beim Wohnungseinbruchsdiebstahl mehr als verdoppelt, von 19 Prozent aller ermittelten Täter im Jahr 2010 auf 40,2 Prozent im Jahr 2015. Die Bundesregierung plant angesichts der stark angestiegenen Zahl von Wohnungseinbrüchen eine Mindeststrafe für Wohnungseinbruch von sechs Monaten. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat eine entsprechende Initiative vorgestellt.

Für die Untersuchung des Kriminologischen Forschungsinstituts wurden bundesweit Serieneinbrecher in Tiefeninterviews zu ihren Motiven und ihrer Sicht auf die aktuelle Diskussion in Deutschland zum Thema Wohnungseinbruch befragt. Die Studie wird im Auftrag des Deutschen Forums für Kriminalprävention und des Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) erstellt und soll im April 2017 veröffentlicht werden.

Arbeitsteilung bei Banden

Ein Ergebnisse: Die Einbrecher organisieren sich in Bandenstrukturen und gehen arbeitsteilig vor. Sie haben wenig Angst, durch die Polizei entdeckt zu werden. "Die Strafhöhe macht gar nicht so viel aus, sondern die Wahrscheinlichkeit, dass man wirklich entdeckt wird. Und die ist beim Wohnungseinbruch generell niedrig. In unserer bisherigen Studie haben wir gesehen, dass wirklich nur 2,6 Prozent der Einbrüche mit einer Verurteilung enden", sagt Studienleiterin Gina-Rosa Wollinger.

Jan Liebold und Thomas Berbner haben einen der Einbrecher für die NDR-Dokumentation  interviewt. Der Mann war Teil einer polnischen Einbrecherbande, die jahrelang durch Deutschland zog. Berbner sagt, die Strategien der Polizei seien der Gruppe weitgehend bekannt gewesen. Von Straßensperren und Kontrollen habe man im Voraus gewusst. "Die Polizei? Das ist nur Zufall, wenn sie einen erwischen. Sie haben keinen Plan, wie sie an Einbrecher wie uns herankommen", so der Dieb.

Das Bundeskriminalamt und der Bundesinnenminister führen den deutlichen Anstieg der Wohnungseinbrüche in Deutschland vor allem auf die Aktivitäten von Einbrecherbanden aus Osteuropa zurück. In der Bundesrepublik Deutschland gab es im Jahr 2015 laut der amtlichen Polizeistatistik 167.136 Wohnungseinbrüche. Die Aufklärungsquote betrug in diesem Jahr 15,2 Prozent.