"Dein Mann ist nicht deine Rente." – Diesen Satz muss Finanzberaterin Barbara Rojahn immer wieder predigen. Seit über 20 Jahren berät die ehemalige Bankerin in ihrem Büro in Stuttgart Frauen in Geldangelegenheiten. Gerade dann, wenn ihr Frauen mit Studium und Berufserfahrung glaubhaft machen wollen, dass sie nicht auf die eigene Altersvorsorge angewiesen seien und es sich leisten könnten, wenig oder gar nicht zu arbeiten. Denn wenn das Modell Ehe scheitert – in Deutschland wird gut jede zweite Ehe geschieden – sind Frauen finanziell deutlich schlechter gestellt als Männer. Eben weil sie sich um Haushalt und Kinder gekümmert und den Beruf aufgegeben oder die Arbeitszeit so stark reduziert haben, dass sie kaum Rentenansprüche erworben haben. Im Schnitt bekommen Frauen in Deutschland für 20 Jahre Teilzeitarbeit nur 220 bis 270 Euro Rente im Alter.

Und seit einigen Jahren müssen Frauen, selbst wenn sie die Betreuung und Erziehung der Kinder nach einer Trennung ganz alleine schultern, arbeiten gehen und selbständig in die Rentenkasse einzahlen. Einen Unterhaltsanspruch haben nur die Kinder.

"Frauen scheinen den Gedanken an das finanzielle Risiko häufig zu verdrängen", berichtet Barbara Rojahn aus ihrer Berufserfahrung. Die Entscheidung für einen Minijob oder Teilzeit rächt sich im Alter. Finanzberaterinnen ermutigen Frauen daher, ihr finanzielles Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.

Auch Heide Härtel-Herrmann aus Köln ist so eine Finanzberaterin. Vor 30 Jahren gründete sie den Frauenfinanzdienst. "Damals tat man so, als ob es nur Familien oder Verheiratete gibt. Geschiedene oder alleinstehende Frauen kamen in keiner Musterberechnung vor. Das hat mich geärgert", erzählt die Expertin. 1986 ging es in Härtel-Herrmanns Beratungen fast immer um Rentenfragen von älteren Frauen. Heute berät sie überwiegend Selbstständige und Existenzgründerinnen. Sie alle wollen wissen, welchen Betrag sie anlegen müssen, um später mehr als eine kleine Rente zur Verfügung zu haben. "Die Beratung richtet sich immer nach dem Budget", sagt Härtel-Herrmann. Manchmal habe sie es auch mit Erbinnen zu tun, die eine Immobilie verkauft haben und das Geld nun für später anlegen wollten. Auch diejenigen, die gerade eine Abfindung erhalten haben, fragen um Rat oder die, die ein durchschnittliches Gehalt beziehen und monatlich 200 Euro entbehren können.

Eines verbinde viele ihrer Kundinnen allerdings: "Die meisten Frauen wissen, dass sie zu wenig gearbeitet haben." Während Männer es im Durchschnitt auf 39 Arbeitsjahre bringen, liegen Frauen gerade mal bei 26 Jahren, wie die Münchener Finanzberaterin Helma Sick in ihrem Buch Reich in Rente: Wie Frauen finanziell am besten vorsorgen schreibt. Dabei haben die meisten Frauen in der Regel ja gearbeitet – nur wurden sie eben für ihre Care-Arbeit zugunsten der Familie nicht bezahlt.

Und dann kommt noch dazu, dass Frauen im Schnitt schlechter bezahlt werden

Zu wenig bezahlt gearbeitet

Frauen verstehen das eher – und so ist zu erklären, dass Frauen sich gerne von Frauen in Finanzangelegenheiten beraten lassen. Sie unterstellen mehr Empathie für ihre Lage.

"Frauen ist es wichtig, dass ihre individuelle Lebenssituation beleuchtet wird. Manche stellen für sich fest, dass man von Frau zu Frau freier und offener reden kann. Das ist gerade beim Thema Finanzen wichtig", sagt Annabel Oelmann, Vorstandsmitglied der Verbraucherzentrale Bremen. Dass vor allem berufstätige Frauen nach dem ersten Kind häufig in Fallen tappen, die sie ein Leben lang abhängig machen werden, ist längst belegt.

Zwei Drittel der 7,3 Millionen Minijobber in Deutschland sind laut Arbeitsamtsstatistik weiblich. Die meisten gehen dieser Form der Beschäftigung nach, weil diese ihnen am ehesten eine Vereinbarkeit ihrer familiären Verpflichtungen und wenigstens einer minimalen Erwerbstätigkeit bietet.

Aber: Die allermeisten bleiben in den sogenannten 450 Euro-Jobs hängen, wie eine Studie des Familienministeriums belegt. Diese Form der geringfügigen Beschäftigung entwickelt eine Art "Klebeeffekt", heißt es in der Untersuchung. Die Frauen nehmen danach kaum wieder eine sozialversicherungspflichtige Arbeit auf. Auch, weil den Minijobs ein Manko anhaftet und Bewerberinnen mit einer solchen Beschäftigungsform im Lebenslauf auf dem Jobmarkt schlechtere Karrierechancen haben. 

Einmal Minijobberin, immer Minijobberin?

Nicht zuletzt spielen aber auch fiskalpolitische Rahmenbedingungen eine Rolle: Als Minijobberin können Frauen in der kostenlosen Familienversicherung des Ehemanns mitversichert sein – vielfach ein Argument für eine Familie, warum sich eine Erhöhung der Arbeitszeit finanziell nicht lohne, weil die steigenden Sozialabgaben den Mehrverdienst quasi wieder auffressen.

Im Schnitt, so belegen die Zahlen, tun Frauen aufgrund von Auszeiten für Kindererziehung und Pflege der Angehörigen oder Zeiten von prekärer, weil geringfügiger Beschäftigung sieben Jahre nichts für die eigene Rente.

Das Ergebnis sieht entsprechend aus: Laut Alterssicherungsbericht 2012 des Arbeitsministeriums verfügen Frauen ab 65 Jahren im Schnitt über ein Nettoeinkommen von 1.027 Euro, Männer über 1.695 Euro. Die durchschnittlichen eigenen Altersrenten von Frauen in Westdeutschland betragen sogar nur 500 Euro im Monat.