"Niemand legte Wert auf Hi-Fi-Sound, es war wichtig, schnell hörbar zu machen, was in den Kellern und Übungsräumen entstand": So beschreibt Musikproduzent Alfred Hilsberg die Stimmung unter den Hamburger Kreativen in den späten Siebzigern. Eine Stimmung, aus der über die Jahre ein Hamburg-Sound entstand, der zahlreiche prägende Pop-Platten hervorbrachte. Einiges davon ist bis heute populär. Dies sind die zehn wichtigsten Alben.
Abwärts: "Amok Koma" (1980), Zickzack
"Wir kriegen sie alle ... Knacks ... Wir kriegen sie alle ... Knacks": In der Endlos-Auslaufrille droht Horst Herold der RAF mit dem Tod. Den deutschen Herbst noch in den Knochen, das Wettrüsten vor den Augen, Nölgesang, Stakkato-Gitarre, stumpfer Beat, Störgeräusche aus dem Synthesizer: Das erste Abwärts-Album klingt so finster, wie sich Deutschland im Jahr 1980 anfühlte. Und war prägend für den frühen NDW-Sound aus Hamburg. Computerstaat von der allersten Abwärts-Single (in der CD-Version von Amok Koma als Bonustrack enthalten) treibt noch heute die Jungpunks auf die Tanzfläche
Palais Schaumburg: "Palais Schaumburg" (1981). Phonogram
Rumpeliger Zwölfton-Funk mit Songtiteln wie
Morgen wird der Wald gefegt
oder
Grünes Winkelkanu:
Was Holger Hiller, Timo Blunck, Thomas Fehlmann und Ralf Hertwig
Anfang der Achtziger zusammenschraubten, war wegweisend, weil es nicht wirklich
zusammenpasste. Eine Hamburger Band, die nach New Yorker Avantgarde klingt – wären da nicht
die sehr deutschen Kinder-Dada-Texte von Hiller: "Ich glaub, ich bin ein Telefon /
Romantisches kleines Telefon." Auch stilmäßig waren Palais Schaumburg mit ihrem Poppertum ganz
weit vorne – ein Gegenpol zur Punk-Gothic-Zotteligkeit der frühen Achtziger.
Die Doraus und die Marinas: "Tulpen und Narzissen" (1981), Ata Tak
Ein geschniegelter Hanseboy, der mit fröhlichem Elektro-Wave-Pop und unschuldigem Augenaufschlag in Abgründe blickt. Als eine Art alptraumhafte Version von Heintje gab Andreas Dorau mit gerade mal 17 Jahren dieses erstaunliche Debüt. "Ich sitz hier im Keller / Und hab nur die Blumen" singt Dorau auf Tulpen und Narzissen. Okay, Fred vom Jupiter – das Dorau mit gerade Mal 15 schrieb und mit seinen Mitschülerinnen (Die Marinas) einstudierte, kann man auch hassen – etwa dafür, dass es den Weg bahnte für unzählige NDW-Hits, die nicht so schlau-bescheuert waren wie Dorau. Sondern einfach bloß doof.
Kolossale Jugend: "Heile, Heile, Boches" (1989) L’age D’or
Nach Abflauen der Neuen Deutschen Welle klangen viele deutsche Bands langweilig-international. Dann kam Kristof Schreuf, geschult als Frontmann einer AC/DC-Coverband. Der Kolossale-Jugend-Sänger machte mit seiner inbrünstig gekrähten Kunstsprache etwas Neues: Deutsch singen, ohne nach Heimat, Schlager oder NDW zu klingen. Der Text ist meine Party, erklärte Schreuf. Mit diesem borstigen, hypnotischen Album kam die Hamburger Schule in die Welt – fast zehn Jahre lang lag das Zentrum deutscher Pop-Avantgarde an der Elbe.
Blumfeld: "L’Etat Et Moi" (1994), Zickzack
Für die taz war er einfach "Gott", für die Spex wahrscheinlich deutlich mehr: Mit Blumfeld-Sänger Jochen Distelmeyer kamen Deleuze, Sonic Youth und Burroughs in den deutschsprachigen Pop. Mit ihrem zweiten Album machte das Hamburger Trio das Feuilleton endgültig verrückt – seit Blumfeld ist Pop in Deutschlands Traditionsmedien satisfaktionsfähiges Kulturgut. Nerdmusik? Sound für einsame Philosophiestudenten? Auf keinen Fall. Bei keiner Band knutschten so viele Pärchen auf den Konzerten wie bei Blumfeld.
"Niemand legte Wert auf Hi-Fi-Sound, es war wichtig, schnell hörbar zu machen, was in den Kellern und Übungsräumen entstand": So beschreibt Musikproduzent Alfred Hilsberg die Stimmung unter den Hamburger Kreativen in den späten Siebzigern. Eine Stimmung, aus der über die Jahre ein Hamburg-Sound entstand, der zahlreiche prägende Pop-Platten hervorbrachte. Einiges davon ist bis heute populär. Dies sind die zehn wichtigsten Alben.
"Wir kriegen sie alle ... Knacks ... Wir kriegen sie alle ... Knacks": In der Endlos-Auslaufrille droht Horst Herold der RAF mit dem Tod. Den deutschen Herbst noch in den Knochen, das Wettrüsten vor den Augen, Nölgesang, Stakkato-Gitarre, stumpfer Beat, Störgeräusche aus dem Synthesizer: Das erste Abwärts-Album klingt so finster, wie sich Deutschland im Jahr 1980 anfühlte. Und war prägend für den frühen NDW-Sound aus Hamburg. Computerstaat von der allersten Abwärts-Single (in der CD-Version von Amok Koma als Bonustrack enthalten) treibt noch heute die Jungpunks auf die Tanzfläche