Wer studiert und etwas auf sich hält, ist systemkritisch, findet Marx vielleicht nicht super, aber auf jeden Fall cooler als Merkel und wählt allerhöchstens heimlich CDU. Studenten teilen sich Kürbiscremesuppe in der WG-Küche, rauchen Selbstgedrehte und führen Systemdiskussionen. Konservative, das sind die mit den Perlenohrringen und den Bootsschuhen, den gelackten Haaren vom RCDS. 

So ein Quatsch. Jeder gute Student ist konservativ. Mehr noch: Wer nicht konservativ ist, ist kein Student. Denn konservativ sein heißt nicht nur Burschenschaft und Weißbier – jeder kann konservativ. Es ist keine Idee oder Marschrichtung, sondern eine Haltung und Denkmethode, auch für Linke. Man muss nur wissen, wie es geht. Deshalb: Hier eine Handreichung dazu, was es heißt, konservativ zu sein. Und eine Erklärung, warum die besten Studenten konservativ sind.

1. Studenten wollen bewahren

Genau wie der Konservative will auch der Student immer irgendetwas bewahren: Contenance in der Prüfungsphase, genug vom Bafög bis zum Monatsende und ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn bis zur nächsten WG-Party. Mit konservativer Sparsamkeit ist am Ende des Monats immer Geld für ein Astra übrig.

Der konservative Student schwimmt nicht im Strom aus Mode und wissenschaftlicher Sexiness.

In der Bib hilft der konservative Wille zum Bewahren, erst mal an bewährten Argumenten und wissenschaftlichen Ideen festzuhalten und Hypes kritisch gegenüberzustehen – ob gegenüber angesagten Populärwissenschaftlern oder Studien, die vorgeben, einfache Lösungen zu liefern. Wenn der konservative Student eine Studie liest, laut der die Hälfte der Rentner bald arm sein soll, fragt er erst mal bei Ökonomen nach, bevor er sie zum nächsten Seminar mitbringt.

2. Studenten müssen pragmatisch sein

Das Gulasch in der Mensa für 2,50 Euro ist unschlagbar günstig, schmeckt aber leider auch nach 2,50 Euro. Außerdem ist dafür sicher ein konventionell gezüchtetes Schwein gestorben. Darf ich das? Müsste ich mich da nicht eigentlich empören? Der Konservative sagt: Nein. Denn Studenten haben Tausende Sorgen gleichzeitig. Die Hausarbeit muss geschrieben, das Bad geputzt und der Mitbewohner mit Liebeskummer getröstet werden.

Konservativ sein heißt, zu wissen: Ich muss nicht sofort die Welt retten, sondern erst mal meinen Notendurchschnitt. Das nimmt den Druck und hilft, das Mensa-Gulasch nicht zu hinterfragen, sondern es einfach zu essen, auch wenn es grauenhaft schmeckt. Einfach, weil der Magen knurrt und eine Deadline naht. Der Konservative denkt über Empirie und die Gegenwart nach, anstatt Hoffnungen auf die Zukunft zu projizieren. So findet er schnell eine pragmatische Lösung. In diesem Fall: Nachsalzen.

3. Studenten müssen mit sich unzufrieden sein

WG-Abend. Die Bundeswehrparkas liegen auf den Flohmarktstühlen, ein paar Dutzend Schuhe stehen im Flur und bei nachdenklichem Deutsch-Folk unterhält man sich darüber, was in der Welt gerade schiefläuft. Am Ende sind sich alle einig: Donald Trump, Boris Johnson und Frauke Petry sind die Bösen und jeder weiß auch genau, warum. Man selbst gehört auf jeden Fall zu den Guten. Alle sind sich einig. Aber permanente Selbstbestätigung führt zu Denkfaulheit. Ein guter Student muss mit sich und seinen Meinungen unzufrieden sein, so wie der Konservative. Er glaubt nicht, die Welt verstanden zu haben.

Der Konservative ist ein Skeptiker

Bei vielen Diskussionen in WG-Küchen und Seminaren ist das Licht schon an: Alles ist klar, die Welt ist unterteilt in hell und dunkel, Gut und Böse. Den Konservativen macht das unzufrieden. Er zweifelt: Habe ich zu dem Thema wirklich genug gelesen? Habe ich jedes Argument berücksichtigt? Ist das wirklich so, wie ich denke? Kann ich mir da sicher sein? Und er hört zu, auch dem nervigen Typen auf der Party, der jedem erzählt, wieso er Trump toll findet. Er versucht, die andere Seite zu verstehen und sich in sie hineinzuversetzen. Wenn er fragt: Wie kann man nur…?, ist das nicht nur rhetorisch gemeint.

Er ist ein Skeptiker – auch gegenüber seiner eigenen Meinung. Bei Konsens wird er misstrauisch und stellt Fragen, die andere nicht stellen, weil er nicht an eine Idee glaubt, die ihm alle Antworten gibt. Dadurch lernt er nie aus. Und zitiert Adenauer, dem einmal vorgehalten wurde, über Nacht seinen Standpunkt gewechselt zu haben. Seine Antwort: "Das kann schon sein, aber es kann mich doch schließlich keiner daran hindern, alle Tage klüger zu werden." Der Konservative weiß eben auch, wie man sich beliebt macht.

4. Studenten dürfen keine Aktivisten sein

An der Uni soll ein stadtbekannter AfD-Politiker sprechen. Also: Hörsaal besetzen, Plakate verteilen, Sprechchöre üben. Wie 1968! Klar, das fühlt sich erst mal toll an. Aber dafür ist die Uni nicht da. Als die 68er-Bewegung auf die Straße ging, waren AfD-Meinungen Mainstream, heute stehen sie am rechten Rand. 

Der Konservative will lieber mit Argumenten kämpfen als mit Transpi und Böllern.

Und nachdem die Veranstaltung gesprengt wurde, rufen die Rechten: Einschränkung der Meinungsfreiheit! Ihr habt wohl Angst vor unseren Argumenten! So liefert man der Gegenseite nur argumentative Munition. Deshalb ist der konservative Student kein Aktivist, er beherrscht den öffentlichen Raum nicht mit Geschrei, sondern Gesprächen. Er findet den Herrn von der AfD nicht super, aber er will ihn lieber mit Argumenten bekämpfen als mit Transparent und Böllern.