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  3. TSV Wiemersdorf seit 80 Spielen unbesiegt – Tipps von St.Pauli-Legende

Sport 80 Spiele ungeschlagen

Ein furchterregendes gallisches Fußballdorf

TSV Wiemersdorf TSV Wiemersdorf
80 Spiele, keine Niederlage - der TSV Wiemersdorf hat eine Serie, von der die Bayern und der BVB nur träumen können. Mitverantwortlich dafür ist Trainer Sebastian Boll (mittlere Re...ihe, links)
Quelle: Björn Richter
Der TSV Wiemersdorf hat ein Problem: Das Team verliert nicht. Der Trainer, Bruder einer Legende des FC St. Pauli, hat neben einer Niederlage einen weiteren Wunsch: ein Spiel gegen Steaua Bukarest.

Sie wissen überhaupt nicht, wie sich eine Niederlage anfühlt. Wenn der Schiedsrichter abpfeift, gehen die Spieler des TSV Wiemersdorf 1922 als Sieger vom Platz. Seit drei Jahren marschiert der Klub aus Schleswig-Holstein von Sieg zu Sieg und von Aufstieg zu Aufstieg. Die Mannschaft ist seit 80 Spielen ungeschlagen – in diesen Partien feierte sie bei fünf Unentschieden 75 Siege.

Wohl keine Mannschaft in Deutschland ist so erfolgreich wie die Kicker aus dem Dorf westlich von Bad Segeberg, und wohl kein Trainer hat eine höhere Erfolgsquote als Sebastian Boll. „Aufgrund der Serie müssten Carlo Ancelotti und Thomas Tuchel neidisch auf mich sein. Ansonsten ist es aber eher umgekehrt“, sagt Boll, der seit drei Jahren beim TSV an der Linie steht.

Die unglaubliche Serie beginnt 2014: Wiemersdorf startet, nachdem sich eine Spielgemeinschaft aufgelöst hat, als eigenständiger Klub in der Kreisklasse C. Die Mannschaft ist viel zu gut für die Liga und schießt alles in Grund und Boden. In 28 Spielen erzielen Bolls Jungs 155 Tore und feiern mit 80 Punkten den Aufstieg. Auch die Kreisklasse B ist nur eine Durchgangsstation. In 30 Partien geht Wiemersdorf 29-mal als Sieger vom Platz und sichert sich den Aufstieg mit 35 Punkten Vorsprung auf den Dritten.

TSV Wiemersdorf
Typisches Bild: Wiemersdorf jubelt, der Gegner lässt die Köpfe hängen
Quelle: TSV Wiemersdorf Björn Richter/Björn Richter

Auch in dieser Saison liefert die Mannschaft das gewohnte Bild: Sie gewinnt und gewinnt und gewinnt. Nach 20 Spielen stehen 18 Siege zu Buche, bei neun Punkten Vorsprung auf den Tabellenzweiten scheint der dritte Aufstieg in Folge programmiert. Doch das Siegen fällt Wiemersdorf nicht mehr so leicht.

Der Schlendrian ist eingekehrt

Die Partie gegen den Tabellenführer ist für jeden Gegner das Spiel des Jahres. Jeder will der Erste sein, der die scheinbar Unbesiegbaren schlägt. Ende März war es beinahe so weit: TuS Stusie holte gegen den Tabellenführer einen 0:2-Rückstand auf und hätte das Ding fast noch gedreht. Am Ende stand es 2:2, ein Warnschuss für die Wiemersdorfer. „Wir haben 2:0 geführt und dachten, das wird so wie immer. Aber die haben so gekämpft und waren so heiß gegen uns“, sagt Boll.

Der Trainer gibt den Mahner. In der Mannschaft ist nach 80 Spielen ohne Niederlage der Schlendrian eingekehrt, die Spieler gehen öfter mit dem Gefühl, das es schon irgendwie klappen wird, auf den Platz. „Es ist manchmal schwierig, die Jungs zu motivieren“, sagt Boll. Die Serie sei Fluch und Segen zugleich: „Ich dachte öfter, als ich vor die Mannschaft getreten bin: ‚Was soll ich denen jetzt noch sagen?‘“

TSV Wiemersdorf
TSV Wiemersdorf
Quelle: Björn Richter

Tipps holt sich der 40-Jährige von seinem kleinen Bruder Fabian. Der ist mit 292 Einsätzen in der Ersten und Zweiten Liga für den FC St. Pauli eine Legende beim Hamburger Kiezklub. Fabian hat die A-Lizenz, ein Trainingsbesuch in Wiemersdorf ist geplant.

Anfangs haben sie im Klub noch mitgezählt, seit dem 50. Sieg ist die Serie eine schöne Begleiterscheinung. Für Boll ist die 80 nur noch eine Nummer, viel wichtiger sei der Aufstieg. Der Trainer hat sogar einen absurd anmutenden Wunsch: eine Niederlage. „Der Großteil meiner Spieler hat im Männerbereich noch kein Ligaspiel verloren. Es wird mal Zeit, dass wir verlieren“, sagt Boll. Es müsse ja nicht unbedingt im Aufstiegsrennen sein: „Aber durch eine Niederlage entwickelt sich die Mannschaft weiter.“

Kommt Steaua Bukarest zum Test ins Dorf?

Sollte der Aufstieg gelingen, dürfte sein Wunsch in der Kreisliga in Erfüllung gehen. Mit jedem Aufstieg steigt auch das Niveau der Gegner.

Bleibt Wiemersdorf in dieser Saison ungeschlagen, würde der Klub die Serie auf 90 Spiele schrauben. Dann wäre es nicht mehr weit zu einem historischen Rekord aus dem Profifußball. Mitte der 80er-Jahre blieb der rumänische Topklub Steaua Bukarest 106 Spiele ungeschlagen. „Wenn wir die 88 hinkriegen, das wäre ein richtiger Kracher. Steauas Serie zu knacken, wäre natürlich super, dann müssen wir ein Testspiel gegen sie machen“, sagt Boll.

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