Unter den vielen Leserkommentaren, die die Serie Rushhour mittlerweile hat, klingt ein Thema immer wieder durch: Bleib doch zu Hause!

Ayee beispielsweise schrieb: "In vielen Jobs würde es auch viel bringen, wenn deutsche Firmen endlich mal die Präsenzkultur nicht so wichtig nehmen würden. Home Office oder alternative Stundenmodelle, wie 4x9h die Woche statt 5x8h oder 4x9h + 1x4h, würde schon einiges bringen. Leider gilt zu häufig, wer nicht im Büro sitzt, arbeitet auch nicht. Geht ja gar nicht anders....."

Sonderbare Weltsicht kritisierte: "Ist es nicht erstaunlich, dass die tägliche (!) persönliche Anwesenheit sogar für den Beruf des Redakteurs einer überregionalen Wochenzeitung offenbar unabdingbar ist. Wenn schon die Zeit offenbar daran scheitert, triviale Dinge wie Konferenzen effizient (!) online abzuhalten, wie soll das in irgendeinem anderen Wirtschaftsbereich gelingen?"

Die Frage nach dem Homeoffice ist für Pendler ein Reizthema, sensibel wie sonst höchstens die Kostenübernahme ihrer Fahrten durch den Arbeitgeber. Zunächst mal ist da so ein unterschwelliges Gefühl der Pendler: "Denken die Kollegen, ich nehme die Arbeit vor Ort nicht ernst?" Wie sollte man die Heimarbeit sonst deuten? Wenn ich meine Arbeit im Büro genau so gut zu Hause machen kann, warum treffen sich dann all die Kollegen laufend zu Besprechungen und klauen sich gegenseitig die Zeit?

Auch will niemand den Eindruck erwecken, seinem Team oder seinen Chefs aus dem Weg gehen zu wollen. Dem Pendler klebt ohnehin schnell das Wort Eigenbrötler auf der Stirn, vor allem dann, wenn er auch sonst nach der Arbeit so schnell wie möglich nach Hause fährt und mit den Kollegen kein Bier mehr trinken geht.

Viele Berufe erfordern Kommunikation – face to face

Wer sich davon frei macht und nüchtern abwägt, endet bei vernünftigen Kompromissen, die Leserin Ayee schon andeutet: Was spricht gegen eine Arbeitswoche mit vier Tagen à 9,5 Stunden statt fünf mal 7,5? Was dagegen, alle zwei Wochen den Freitag von zu Hause aus zu arbeiten?

In manchen Berufen schlicht die Unplanbarkeit. Nehmen wir uns Journalisten. Am 23. Juni ging ich ins Bett mit dem sicheren Gefühl: Großbritannien bleibt in der EU. Als ich aufwachte, stand der Brexit schon fest. Kaum jemand hat damit ernsthaft gerechnet, und natürlich waren die Redaktionssitzungen tags darauf bis auf den letzten Platz besetzt. Wenn wir nicht gerade das nächste Blatt produzieren, gibt es bei uns in der Redaktion keine unbedingte Präsenzpflicht, aber eben doch immer wieder Momente, in denen man sich schnell über aktuelle Ereignisse austauschen muss.

Natürlich geht das auch per Internet und Telefon, aber viel leichter in kleiner oder großer Diskussionsrunde. Und was ist, wenn der Kollege die Mail nicht beantwortet und nicht ans Telefon geht? Ist er sauer auf mich oder ist er unterwegs auf Recherche? Natürlich gibt es Berufe, die für die Heimarbeit wie gemacht sind. Aber die allermeisten bedingen dauerhafte Kommunikation. Face to face und nicht Skype to Skype.

Ähnliches gilt natürlich für all die Pendler, die eben nicht im Büro arbeiten, sondern im Straßenbau oder am Band, als Handwerker, Koch, Kellner oder Kassierer ihr Geld verdienen. Selbst jene, die von ihren Arbeitgebern die ausdrückliche Erlaubnis bekommen, hören oft nach geraumer Zeit mit dem Homeoffice auf. Zu diesem Ergebnis kam jedenfalls das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in einer Studie.

Demnach hat sich der Anteil derjenigen, die überwiegend oder manchmal von zu Hause aus arbeiten, in den vergangenen 20 Jahren kaum verändert. Interessant ist hierbei vor allem der jüngste Trend: Zwischen 2008 und 2014 – dem Zeitpunkt der Veröffentlichung – ging die Zahl der Erwerbspersonen mit häuslicher Erwerbstätigkeit um 800.000 zurück – und das obwohl die Zahl der Beschäftigten insgesamt um 1,5 Millionen angestiegen ist. "Die Bedeutung von bezahlter Arbeit zu Hause nahm in allen Altersgruppen, bei Männern und bei Frauen, bei Vollzeit- und bei Teilzeitbeschäftigten, bei Beamten, Angestellten und Arbeitern sowie unabhängig von der beruflichen Qualifkation ab", schreibt der Autor. Insgesamt habe sich die Zahl der Heimarbeiter seit 2008 um ein Sechstel reduziert.

Den meisten Pendlern wäre allerdings mit etwas mehr Entspannung seitens ihrer Arbeitgeber schon gedient. Ein Homeoffice-Tag in jeder zweiten Arbeitswoche würde die Lage oft schon vereinfachen. Zahnarzttermine,  gemeinsame Theaterabende (ohne tagsüber beim Gedanken daran die Angst vorm Stau zu haben) oder Sportverabredungen lassen sich dann einfach nebenher planen. Und wenn es dann erstaunlich gut klappen sollte, wäre das Modell noch ausbaufähig.

Berichten Sie uns von Ihren Erfahrungen beim Pendeln. Wie lange dauert Ihr Weg zur Arbeit? Mit welchem Verkehrsmittel legen Sie den Weg zurück? Und wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Situation als Pendler? Wir freuen uns hier auf Ihre Antworten.