Zehn Tage vor seiner Amtseinführung wird der künftige US-Präsident mit neuen prekären Schlagzeilen konfrontiert. So berichten mehrere Medien – darunter der Sender CNN, die Washington Post, die New York Times und der britische Guardian – über mutmaßlich brisante Informationen, die den US-Geheimdiensten vorliegen und mit denen Donald Trump erpresst hätte werden können. Sowohl der Sender als auch die Zeitungen verweisen explizit darauf, dass der Wahrheitsgehalt dieser Informationen bislang nicht bestätigt werden konnte. Viele stufen sie als "nicht stichhaltig ein".

Nach Informationen der New York Times geht es in den Memos, von denen die US-Geheimdienste eine zweiseitige Zusammenfassung erstellt haben, um Vorwürfe gegen Trump im Zusammenhang mit Moskauer Prostituierten. So soll der russische Geheimdienst FSB dem New Yorker Geschäftsmann im Jahr 2013 entsprechende Fallen gestellt haben, in die er getappt sein soll. Zudem sei Trump von russischer Seite über Jahre hinweg mit Immobiliendeals in der russischen Hauptstadt gelockt worden. Diese Offerten hätte Trump zurückgewiesen. Gleichwohl, so heißt es laut der New York Times in dem Schreiben, sei der FSB zu der Auffassung gelangt, der Besucher aus Manhattan sei ausreichend kompromittiert, um eine spätere Erpressung zu ermöglichen.

Obama und Trump wurden gebrieft

Laut den Medienberichten stammt das Material ursprünglich von russischen Geheimdiensten und Regierungsstellen und wurden dann von einem früheren Agenten des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 zusammengetragen. Der Mann soll zunächst im Auftrag von Trumps parteiinternen Rivalen bei den Republikanern und später im Auftrag des Teams von Trumps demokratischer Konkurrentin Hillary Clinton gearbeitet haben.

Als die US-Geheimdienste dann in den Besitz des Materials gelangt seien, hätten sie es zunächst als "nicht substanziell" eingestuft, heißt es. Dennoch wurden sowohl Trump als auch der scheidende Präsident Barack Obama in der vergangenen Woche über den Vorgang informiert – auf Grundlage der zweiseitigen Zusammenfassung. Nach Angaben der Washington Post hätten die Behördenvertreter während dieser Briefings beide Politiker darauf hingewiesen, dass der Wahrheitsgehalt vonseiten der US-Dienste bislang nicht verifiziert wurde. Nach Informationen von CNN stufen Geheimdienstmitarbeiter die bisherige Arbeit des britischen Agenten allerdings als vertrauenswürdig ein. Zudem hätten sie sich zur Weitergabe des Materials auch an Trump entschlossen, um ihm so zu verdeutlichen, dass solche pikanten Details über ihn kursieren und dass die Russen "potenziell schädliche Informationen" über beide Parteien gesammelt hätten – am Ende aber nur die E-Mails der Demokraten geleakt wurden.

Trump und Kreml: "Fake-News"

Von offizieller Seite gab es in den USA zu all diesen Berichten keine Stellungnahme – weder aus dem Weißen Haus noch seitens der US-Geheimdienste. Während einer Anhörung vor einem Senatsausschuss wollte FBI-Direktor James Comey auch nach mehreren Nachfragen zu dem Thema nichts sagen, sondern verwies stattdessen auf laufende Ermittlungen. Dafür meldete sich Trump nur wenige Stunden nach Veröffentlichung der Berichte zu Wort: "Falschinformationen – eine totale politische Hexenjagd!", twitterte er. Weitere Fragen dazu wird er sich wohl an diesem Mittwoch gefallen lassen, wenn seine erste Pressekonferenz seit seinem Wahlsieg Anfang November stattfinden soll.

Die russische Regierung wiederum wies die Berichte zurück. In einer Telefonkonferenz mit Journalisten bezeichnete ein Kremlsprecher sie als "völligen Unsinn" und "Schundliteratur". Es handele sich dabei um eine Täuschung, die auf haltlosen und falschen Darstellungen basiere. Ihr Ziel sei es, die Beziehungen zwischen den USA und Russland zu beschädigen.

Ähnlich reagierte der Kreml auch auf die Vorwürfe der US-Geheimdienste, wonach vom Staat beauftragte russische Hacker für die Cyberattacken während des Präsidentschaftswahlkampfs verantwortlich sind. Der Demokratin Hillary Clinton sollte so geschadet und Russlands Favorit Trump begünstigt werden. Der Republikaner hatte sich auch selbst immer wieder lobend über die Führungsstärke des russischen Staatschefs Wladimir Putin geäußert und seine freundliche Haltung gegenüber Moskau demonstriert. All dies sorgte immer wieder für Spekulationen, Trump habe möglicherweise geheim gehaltene Geschäftsinteressen in Russland oder könnte dort in einer anderen Weise kompromittiert sein.

Debatte um "BuzzFeed"-Veröffentlichung

Anders als die Washington Post, die New York Times und CNN – der Sender verzichtete komplett auf die Wiedergabe mutmaßlich pikanter Details – hat das Medienportal BuzzFeed für eine neue Debatte über die ethischen Richtlinien des modernen Journalismus losgetreten. So geben die Autoren in ihrem Stück zu den Trump-Leaks zwar ihren Zweifeln an der Echtheit des Memos Ausdruck – weisen den Urhebern des Materials auch einige kleinere Fehler zu –, veröffentlichen zugleich aber genau jene Papiere, mit denen Obama und Trump unterrichtet wurden. BuzzFeed-Chefredakteur Ben Smith rechtfertigte den Schritt mit dem Gebot der Transparenz. Die Amerikaner sollten sich selbst ein Bild von der Situation machen, die Veröffentlichung spiegele wider, wie seine Redaktion den Job von Reportern im Jahr 2017 sehen.

Der Chef des Washingtoner Büros des Magazins Mother Jones, David Corn, der Ende Oktober als Erster über die Anschuldigungen gegen Trump und über das brisante Material berichtet hatte, äußerte sich ebenfalls kritisch über die Medienberichte. "Sogar Donald Trump verdient journalistische Fairness", twitterte er. Die Medienethikerin Kelly McBride wiederum vergleicht das Vorgehen von BuzzFeed mit Organisationen wie WikiLeaks, die Dokumente lediglich hochladen und veröffentlichen. "Die Aufgabe von Berichterstattung ist tatsächlich der Bericht", kritisierte die Expertin des renommierten Poynter-Instituts. "Ich ringe mit der Frage, ob das Journalismus ist. Ich denke, es ist etwas anderes."