EU und Nato bereiten sich auf eine mögliche militärische Unterstützung Libyens vor, sobald dort eine Regierung der nationalen Einheit gebildet ist. „Die Nato steht bereit, eine neue Einheitsregierung in Libyen zu unterstützen“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Ihre Bildung werde auch „ein wichtiger erster Schritt“ sein, um die sich in dem Land ausbreitende Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zu bekämpfen.
Den USA zufolge befinden sich mittlerweile 5000 IS-Kämpfer in dem nordafrikanischen Land. Stoltenberg nahm in Amsterdam am Treffen der EU-Verteidigungsminister teil, bei dem auch über die Lage in Libyen diskutiert wurde. Er bot dem Land insbesondere Hilfe beim Aufbau von „Verteidigungsinstitutionen“ an. Die Allianz könnte dabei möglicherweise Berater und Ausbilder in das Land schicken.
„Libyen beginnt bereits, ein Rückzugsgebiet und Operationsgebiet des Islamischen Staates zu sein“, warnte auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in Amsterdam. Die Dschihadistenmiliz habe sich insbesondere um die Stadt Sirte festgesetzt. Die Ministerin drängte auf die schnelle Bildung einer Einheitsregierung, damit diese Hilfe der internationalen Gemeinschaft anfordern könne.
Szenarien für mögliche Missionen
Von der Leyen verwies auf eine mögliche Ausweitung der EU-Mittelmeermission „Sophia“, die bisher in internationalen Gewässern Flüchtlinge rettet und gegen Schlepperbanden vorgeht.
In einer nächsten Phase ist auch ein Einsatz in libyschen Hoheitsgewässern vorgesehen, sofern eine künftige Einheitsregierung darum bittet.
Allerdings gehen intern die Überlegungen der EU längst weiter, um eine Stabilisierung des Krisenlandes zu unterstützen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hatte schon im vergangenen Frühjahr Szenarien für mögliche Missionen vorgelegt. Dazu gehört etwa die Sicherung wichtiger Einrichtungen wie Flughäfen oder Ölraffinerien.
Auch der Schutz einer neuen Regierung wird international schon länger diskutiert. Teils gibt es Überlegungen zur Einrichtung einer stark gesicherten „grünen Zone“ rund um Regierungsgebäude ähnlich wie in der irakischen Hauptstadt Bagdad. Deutschland und Italien erwägen zudem eine gemeinsame Mission zur Ausbildung libyscher Sicherheitskräfte, die womöglich im benachbarten Tunesien stationiert werden könnte.
Chaos im Land
All diese Planspiele hängen aber von der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit ab. Die Bemühungen dazu hatten Ende Januar einen schweren Rückschlag erlitten: Das international anerkannte Parlament in Tobruk lehnte die von den UN unterstützte Einheitsregierung ab.
In Libyen herrscht seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 Chaos. Das Land wird von zahlreichen bewaffneten Milizen beherrscht, die neben den zwei rivalisierenden Regierungen und Parlamenten um die Macht ringen.