Awww, jemand hat mir eine selbstgebrannte CD ins Fach gelegt. Mit zehn Tracks drauf, die zu meinem Seminar passen, in dem es um "Gefährliches Denken" geht. Danger Mouse ist da drauf mit Two against one. Ariana Grande mit Dangerous Woman. AC/DC mit TNT. Die Dandy Warhols mit Nietzsche...

Wie toll ist das denn?! Aber ich kann mich gar nicht bedanken. Weil die Einsendung anonym war. Vielleicht wegen der ziemlich expliziten Sachen, die im letzten Song zu hören sind. Wahrscheinlich aber aus einem viel wichtigeren Grund.

Kleine Gaben sind an der Universität nämlich verdächtig. Studierende, die ihren Dozentinnen und Dozenten etwas schenken, stehen im Verdacht, sich einzuschleimen. Und sollte ich einem Studenten oder einer Studentin etwas mitbringen und sagen: "Hallo, ich habe an Sie gedacht", naja, dann sieht es so aus, als sollte etwas angebahnt werden, das nichts mit dem Studium zu tun hat.

Fakt ist: Es gibt an der Universität keine Kultur der kleinen Aufmerksamkeit. Kommuniziert wird am liebsten sachlich und fachlich über Mailformulare. Weitergeleitet werden offiziell nur die Sachen, von denen man glaubt, dass sie groß und wichtig sind: Thesenpapiere, Hausaufgaben, Abschlussarbeiten, Gutachten. Alles läuft so unpersönlich wie möglich. Wahrscheinlich geht es beim Einwohnermeldeamt menschlicher zu.

Das ist ziemlich traurig. Weil das nicht nur Folgen für das allgemeine Betriebsklima hat. Das Lehren und Lernen selbst ist davon betroffen.

Es ist ja eine schnöde Binsenwahrheit, dass kleine Geschenke die Freundschaft erhalten. Sie erzeugen Bindekräfte, die dann einige Belastungen aushalten. Man kann besser zusammenarbeiten. Man tauscht sich besser aus. Und man ist viel eher bereit, den anderen als Menschen wahrzunehmen. Klingt eigenartig. Ist aber so.

Goldig ist etwas, wenn es glänzt, aber nicht wirklich aus Gold ist.

Wo kleine Aufmerksamkeiten kursieren, wendet man sich übrigens auch selbst gern anderen zu. Auch die Dinge, die man weitergibt, verändern sich. Nicht nur lernt man sie besser dadurch kennen, dass man sie zur Weitergabe vorbereitet. Sie laden sich auch auf. Die Empfänger bekommen ja nicht nur etwas geschenkt. Sie bekommen zugleich mit, dass sie es Wert sind, dass ihnen etwas geschenkt wird.

Aber Achtung! Die Voraussetzung ist: Die Geschenke dürfen nicht zu groß sein. Sonst steht der Beschenkte unter Druck. Und der Schenkende kommt schnell darauf, dem anderen vorzurechnen, was er investiert hat.

Für Kinder gibt es dafür einen schönen Begriff: Goldigkeit. Goldig ist etwas, wenn es glänzt, aber nicht wirklich aus Gold ist. Goldig ist die Geste, die der Weitergabe von etwas einen Wert gibt, der nicht im Geschenkten aufgeht. Goldig ist die Blume, die Bastelei, das Fundstück. Goldig ist, was signalisiert: Ich habe an Dich gedacht. Vielleicht kannst Du damit etwas anfangen. Wenn Du magst.

Nicht goldig ist dagegen, was teuer ist, mit Mühe hergestellt oder aufwändig besorgt wurde. Der geradezu zauberhafte Effekt von Goldigkeit entsteht nur dann, wenn die Gabe eigentlich ganz klein ist und auf etwas Größeres nur verweist.