Der Gerichtshof der Republik in Frankreich hat der Eröffnung eines Prozesses gegen die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, zugestimmt. Dabei geht es um eine umstrittene Entschädigungszahlung in Millionenhöhe an den früheren Adidas-Besitzer Bernard Tapie. Lagarde hatte sie in ihrer Zeit als französische Finanzministerin ermöglicht. Ein privates Schiedsgericht hatte Tapie 2008 staatlichen Schadenersatz in Höhe von mehr als 400 Millionen Euro zugesprochen.

Durch das Schiedsgerichtsverfahren wollte Lagarde einen Streit zwischen Tapie und der staatlichen Bank Crédit Lyonnais beenden. Tapie erhielt die Summe im Zusammenhang mit dem Verkauf von Adidas-Aktien. Offiziell sprach das Gericht ihm das Geld zu, weil er bei dem Verkauf in den 1990er Jahren an Crédit Lyonnais offenbar zu wenig bekommen hatte. 

Lagarde führt seit 2011 den Internationalen Währungsfonds. Dessen Verwaltungsrat sprach Lagarde trotz des nahenden Prozesses sein Vertrauen aus. Man sei über die "jüngsten Entwicklungen" informiert und habe weiterhin Vertrauen in Lagardes "Fähigkeiten zur Wahrnehmung ihrer Pflichten", sagte IWF-Sprecher Gerry Rice.

Im August 2014 war Lagarde im Zusammenhang mit dieser staatlichen Entschädigungszahlung formell beschuldigt worden. Die Ermittler werfen ihr vor, während ihrer Amtszeit als Finanzministerin (2007 bis 2011) "nachlässig" mit öffentlichen Mitteln umgegangen zu sein. Lagarde hat mehrfach versichert, sie habe stets im Interesse des Staates gehandelt und sich an das Gesetz gehalten. Ihr Anwalt prognostizierte, im Verfahren werde sich Lagardes Unschuld herausstellen.

Zwar hatte der zuständige Staatsanwalt im September eine Einstellung des Verfahrens beantragt. Die Ermittlungskammer des Gerichtshofs der Republik folgte diesem Antrag aber nicht und ordnete einen Prozess gegen Lagarde an.

Der Gerichtshof der Republik ist ein spezielles Gericht, das für Gesetzesverstöße französischer Regierungsmitglieder im Rahmen ihres Amtes zuständig ist.

Lagarde war in der Angelegenheit mehrfach von Korruptionsermittlern vernommen worden, 2013 entging sie einer Anklage, im August 2014 wurde ein neues Anklageverfahren gegen sie eingeleitet. Bei einer Verurteilung wären bis zu einem Jahr Gefängnis möglich und 15.000 Euro Strafe.