Am 8. März, dem Weltfrauentag, bekommt Steve Fitzgerald, der republikanische Senator des Bundesstaates Kansas, einen Brief von Planned Parenthood. Darin bedankt sich die gemeinnützige Organisation, die Kliniken für Frauen betreibt, für seine großzügige Spende von 25 Dollar.

Doch Fitzgerald hat ganz sicher nichts gespendet. Dafür aber Ali Weinfeld, eine ihm gänzlich unbekannte Amerikanerin. Sie tat es in seinem Namen. Sie wollte dem konservativen Planned-Parenthood-Gegner eins auswischen. Fitzgerald reagiert prompt, schließlich nimmt Planned Parenthood Abtreibungen vor, was Fitzgerald verabscheut. Er verfasst eine fünfzeilige Antwort. Er habe mit Entsetzen von der Spende an die "abscheuliche Institution" in seinem Namen erfahren. Das sei ebenso schlimm, wenn nicht noch schlimmer, als mit dem Konzentrationslager Dachau in Verbindung gebracht zu werden. In einem späteren Interview fügt der US-Senator sogar noch hinzu: "Die Nazis wären wohl sehr erzürnt über meinen Vergleich." Die Nazis, wohlgemerkt, nicht Planned Parenthood.

Planned Parenthood gilt als der größte Abtreibungsanbieter Amerikas, was sie zum Ziel scharfer Kritik von Abtreibungsgegnern und Republikanern macht. 2015 hat Planned Parenthood nach eigenen Angaben 323.999 Föten abgetrieben. Allerdings versorgen die 650 Planned Parenthood Kliniken im Land Frauen auch mit Verhütungsmitteln, der Pille danach, bieten Krebsvorsorge und Tests auf HIV und Geschlechtskrankheiten an. Sie können all das zu einem Bruchteil der Preise anbieten, die Arzt oder Krankenhaus nehmen, weil ihre Arbeit bezuschusst wird. Steuergeld macht 43 Prozent ihres Budgets aus.

Dabei erhält Planned Parenthood dieses Geld nicht direkt. Vielmehr können Frauen, die sich beraten oder behandeln lassen, die Kosten von ihrer staatlichen Krankenversicherung Medicaid erstattet bekommen. Die derzeitige Gesetzgebung verhindert, dass mit dem staatlich finanzierten Medicaid Abtreibungen finanziert werden. Gegner aber kritisieren, dass Planned Parenthood das Geld lediglich umverteilt und es keinen Unterschied mache.

Der Kampf um die staatliche Unterstützung ist ein Stellvertreter-Krieg, der weit über Planned Parenthood hinausgeht: Er ist der Kampf der Abtreibungsgegner, die sich Pro-Life nennen, und denjenigen, die Frauen das Recht auf Abtreibung zubilligen – die Pro-Choice Bewegung. Auf diesem gesellschaftlichen und politischen Schlachtfeld prallen seit Jahrzehnten Konservative und Liberale, Religion und Feminismus aufeinander. Die Republikaner wollen Planned Parenthood seit Jahren am liebsten ganz loswerden. Sie sind bisher immer gescheitert – zuletzt an Präsident Obama. Donald Trump hat nun einen neuen Vorstoß unternommen. Sein Reformplan für das Gesundheitssystem sieht unter anderem vor, Planned Parenthood und auch anderen Kliniken, die Abtreibung anbieten, jegliche staatliche Förderung zu entziehen.

Als er Präsident wurde, hat sich Trump an die Spitze der Pro-Life-Bewegung gesetzt. "Ich bin stolz darauf, Pro-Life zu sein", sagt er in einer der TV-Debatten vergangenen Herbst. Zum Vizepräsidenten ernannte er mit Mike Pence einen christlichen Hardliner, der bereits seit 2007 immer wieder versucht hat, Planned Parenthood die Förderung zu entziehen. Pence teilt in vielen Punkten die radikale Haltung der Evangelikalen, einer fundamentalistischen Glaubensrichtung innerhalb des Protestantismus, die Abtreibung scharf verurteilen.

180-Grad-Wende vollzogen

Pence hat den Krieg der Republikaner gegen Planned Parenthood als Kongressmitglied quasi erfunden. Vergangenes Jahr schlug er im Bundesstaat Indiana ein Gesetz vor, demnach tote Föten und Embryos beerdigt werden müssen – unabhängig davon, ob es sich um eine Abtreibung oder eine Fehlgeburt handelt und unabhängig vom Fortschritt der Schwangerschaft. Das war dann selbst seinen eigenen Parteigenossen zu bizarr. Während des Wahlkampfs traf Trump sich außerdem immer wieder mit Evangelikalen. Trump findet, eine Frau, die abtreibt, müsse bestraft werden, sagte er MSNBC in einem Interview.

Damit hat Trump eine persönliche 180-Grad-Wende vollzogen. 1999 sagte er in einem NBC-Interview, er befürworte die Entscheidungsfreiheit der Frau, und wäre er Präsident, würde er Abtreibungen nicht verbieten wollen. Das begründete er damals mit seiner liberalen Haltung als New Yorker. Heute darauf angesprochen, sagt er, er habe schlichtweg seine Meinung geändert, nachdem ein befreundetes Paar ein zunächst ungewolltes Baby nicht abgetrieben habe.

Sieg im Bibel-Gürtel der USA

Das scheint Kritikern eine sehr fadenscheinige Ausrede zu sein. Sie glauben, Trump hat seine persönliche Meinung eigentlich nicht geändert, sondern nur seine öffentliche. "Trump schert sich ganz sicher nicht um Religion oder Moral", sagt Stephanie Coontz. Sie ist Historikerin und Autorin und beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der Entwicklung von Familienstrukturen. Trump habe gewusst, dass er sich so die Stimmen einer großen Masse aus Republikanern, Konservativen und Fundamentalisten sichern würde. Und tatsächlich: 81 Prozent der weißen Evangelikalen wählten Trump, nur 16 Prozent seine demokratische Konkurrentin Hillary Clinton. Damit haben sie maßgeblich zum Wahlsieg Trumps in den Bundesstaaten des sogenannten Bibel-Gürtels im Südosten Amerikas beigetragen, unter anderem Texas, Kentucky und Ohio.

Andere argumentieren noch schärfer: "Beim Kampf gegen Planned Parenthood und Abtreibung geht es um den Erhalt des Patriarchats", sagt Julie Burkhart. Sie ist CEO des Dachverbands Trust Women. Der private Verband betreibt Kliniken, die neben anderen Gesundheitsleistungen für Frauen ebenfalls Abtreibungen vornehmen. Die Republikaner, die am lautesten gegen das uneingeschränkte Selbstbestimmungsrecht von Frauen wettern würden, seien weiße, ältere Männer, sagt Burkhart, eine Gruppe mit der besten Position, die man in der heutigen Gesellschaft erreichen könne. Die wollten ihre Stellung halten. Das benachteilige die Frauen. "Nimmt man Frauen das Recht, über ihren eigenen Körper zu entscheiden, nimmt man ihnen Macht", sagt auch Coontz.