Sie bleibt cool. Hält ihre Entscheidung für richtig. Ändert ihre Meinung nicht. Wer es mit Moral hat, kann das Haltung nennen. Wer es nüchterner mag, spricht von politischer Überzeugung. Nach der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern kam alles so wie erwartet. Die AfD zieht mit jeder Wahl in einen weiteren Landtag ein. Und Angela Merkel soll erneut Auskunft darüber geben, ob sie es im Nachhinein für richtig hält "die Flüchtlinge reingelassen zu haben". Also antwortet sie:

"Ich halte die Entscheidungen, so wie sie getroffen wurden, für richtig. Und jetzt müssen wir weiterarbeiten", so hat Angela Merkel es in China gesagt. Und am Mittwoch im Bundestag führte sie den Gedanken fort: "Sorgen ernst nehmen und Fakten erläutern sind zwei Seiten einer Medaille."

Die Bundeskanzlerin sagte auch noch, dass die Bürger das Vertrauen in die Politik verloren hätten. Was man halt so sagt, wenn das rechte Lager stark wird. Sie hätte auch sagen können, 80 Prozent der Wähler haben das Vertrauen in die Politik noch nicht derart verloren, dass sie deshalb die AfD gewählt hätten.

Der angebliche Vertrauensverlust betrifft ja im Wesentlichen jene, die sonst nicht wählen gingen. Wer sich für die AfD doch noch einmal vom Sofa hochwuchtet und den beschwerlichen Weg in die nächste AWO-Freizeitbegegnungsstätte an der Wahlurne finde, hat doch ganz im Gegenteil, das Vertrauen endlich zurück gewonnen. Weil schließlich doch noch eine politische Heimat gefunden wurde.

Trotzdem hieß es in allen Medien, Angela Merkel hätte Verantwortung für das "Wahldebakel am Sonntag" übernommen. So hat sie das wirklich nicht gesagt. Nichtsdestotrotz ist nicht sie angetreten, sondern Lorenz Caffier. Ein Kerl, der durchgreifen kann und will. Wenn es sein muss, setzt er sich sein Käppchen auf, schlüpft in die Turnschuhe und ist um drei Uhr Morgens persönlich dabei, wenn Kinder aus den Betten gezerrt werden, um abgeschoben zu werden. In der NDR-Dokumentation Protokoll einer Abschiebung tut Caffier alles, um in dem Beitrag gesehen zu werden. Immer wieder schiebt er sein Käppchen vor die Linse und fängt im Morgengrauen überflüssige Diskussionen mit den geschockten Abschiebekandidaten an, die kaum Deutsch sprechen.

Er demütigt die Leute vor der Kamera, beraubt sie ihrer Würde. Noch mehr AfD-Style, Besänftigungstherapie für besorgte Bürger und knallharte Abschiebung sind kaum möglich. Trotzdem wurde die CDU nicht gewählt. Und so rufen Frauke Petry und ein Dutzend Medienvertreter noch weitere tausendmal: Angela Merkel, übernehmen Sie Verantwortung! Auch deshalb ist die Kanzlerin so stark und wirken die anderen so hysterisch, wenn sie aufgeregt betteln: Sag endlich, dass es ein Fehler war. Los, übernimm Verantwortung. Sag, ich habe Schuld auf mich geladen. Macht sie aber nicht. Sie hält ihre Entscheidung, Flüchtlinge in Ungarn nicht auf der Fluchtroute gestoppt zu haben für richtig. Und nun?

In Deutschland hat man manches nicht begriffen

Menschen, die an Amt und Status kleben, sind bereit, ihre Meinung rasend schnell zu ändern. Unabhängige Geister, die sich nicht von Wählerstimmen, sondern von Überzeugung leiten lassen, spielen dieses Spielchen um Machterhalt nicht mit. Man versteht völlig, dass Leute wie Seehofer und sein Generalsekretär Scheuer das nicht begreifen können.

Für das gute Abschneiden der AfD ist die AfD verantwortlich und ihre Wählerschaft. Es handelt sich immerhin um mündige Bürger.

Man hat in Deutschland, auch in Teilen der Medien nicht begriffen, wie Rechtsextremismus funktioniert. Man will es einfach nicht zur Kenntnis nehmen. Rassistisches Denken, nationalistisches Argumentieren, dieser ganze Mechanismus um Ausgrenzung und Abschottungswunsch ist Bestandteil jeder Gesellschaft, die sich in einer Identitätskrise und einem Strukturwandel befindet. Sobald jemand kommt, der die dabei entstehenden Ängste verstärkt, darf man dabei nicht mitmachen. Die erneute Verschärfung des Asylrechts hat nichts gebracht. Dadurch wurde das Gefühl verstärkt, dass an den Reden der Flüchtlingsgegner etwas dran sein könnte. Wenn die AfD Tag und Nacht vor Flüchtlingen und Muslimen als Gefahr warnt, kann die Lösung nicht darin bestehen, dass die anderen Parteien auf ihre Weise das Gleiche behaupten, indem sie erst meinen, die AfD hätte mit überhaupt nichts recht und dann anfangen, über syrische Freibadgrapscher, Burkini und Burka zu debattieren.