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Deutschland Mecklenburg-Vorpommern

„AfD verbrüdert sich jetzt offiziell mit Neonazis der NPD“

AfD würde im Landtag auch mit NPD zusammenarbeiten

In Mecklenburg-Vorpommern wird die AfD wohl aus dem Stand zweistellig in den Landtag einziehen. Nach der Wahl kann sich die rechtspopulistische Partei auch eine Zusammenarbeit mit der NPD vorstellen.

Quelle: Die Welt

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Der Vorstoß der AfD in Mecklenburg-Vorpommern, NPD-Anträge prüfen zu wollen, sorgt bundesweit für Kritik. Die AfD fische nicht nur am rechten Rand, Parteichef Meuthen sei rechts, die Grenze fließend.

Mit ihrer Ankündigung, auch Anträge der rechtsextremen NPD im künftigen Schweriner Landtag zu unterstützen, hat die AfD bei anderen Parteien Kritik und Entrüstung ausgelöst. „Die AfD verbrüdert sich jetzt auch offiziell mit den Neonazis der NPD zu einer Art braunen Koalition“, sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. Grünen-Chef Cem Özdemir nannte die AfD in den Zeitungen „Heilbronner Stimme“ und „Mannheimer Morgen“ „ein Sammelbecken mit offen Rechtsradikalen“. Diese Partei werde keine einzige Sorge und kein einziges Problem der Menschen lösen, sondern vergifte die Demokratie, sagt er.

Wie die beiden Bundespolitiker reagierten auch Politiker aus Mecklenburg-Vorpommern empört auf die Aussagen führender AfD-Vertreter. So hatte AfD-Bundeschef Jörg Meuthen im „Mannheimer Morgen“ erklärt, dass seine Partei „vernünftigen Vorschlägen“ der NPD zustimmen würde. Auch der AfD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern, Leif-Erik Holm, bekräftigte am Mittwoch die Absicht seiner Partei, gegebenenfalls auch Anträge der NPD mitzutragen. „Wir stimmen in der Sache ab, ohne Ansehen der Partei, die den Antrag einbringt. Das ist das Entscheidende“, betonte Holm. Als Kooperation sei dies aber nicht zu werten. Eine Zusammenarbeit mit der NPD lehne die AfD ab, weil „sie eine extremistische Partei ist“, sagte Holm.

Der Spitzenkandidat der AfD in Mecklenburg-Vorpommern Leif-Erik Holm begrüßt bei einer Wahlkampfveranstaltung mit Partei-Chefin Frauke Petry in Wismar seine Unterstützer
Der Spitzenkandidat der AfD in Mecklenburg-Vorpommern Leif-Erik Holm begrüßt bei einer Wahlkampfveranstaltung mit Partei-Chefin Frauke Petry in Wismar seine Unterstützer
Quelle: AFP

An diesem Sonntag wird in Mecklenburg-Vorpommern gewählt. In einer am Mittwoch veröffentlichten Wählerumfrage kommt die AfD auf 23 Prozent und kann damit hoffen, noch vor der CDU als zweitstärkste Kraft in den Landtag einzuziehen. Für die NPD hingegen wird es knapp. Sie kommt in der Umfragen nach zuletzt drei noch auf zwei Prozent. Das würde nicht für einen Wiedereinzug in das Landesparlament reichen, in dem die NPD seit 2006 sitzt. Die bisher im Landtag vertretenen demokratischen Parteien hatten sich darauf verständigt, NPD-Anträge im Plenum nur kurz zu behandeln und grundsätzlich abzulehnen. SPD, CDU, Linke und Grüne bezeichnen dieses Vorgehen als „Schweriner Weg“.

„Da wird selbst der Schafspelz nicht mehr abgelegt“

SPD-Vize Schwesig, die bis zur Berufung als Bundesministerin selbst Mitglied im Landtag in Schwerin war, warf der AfD vor, sie schließe sich vom Konsens aller demokratischen Parteien gegen Rechtsextreme aus. „AfD und NPD sind in Mecklenburg-Vorpommern ohnehin kaum zu unterscheiden“, konstatierte Schwesig. Auch nach Ansicht Özdemirs zeigen die Äußerungen, dass die AfD jenseits des demokratischen Konsenses steht. „Da wird selbst der Schafspelz gar nicht mehr angelegt“, sagte er.

Auch der FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki reagierte mit scharfer Kritik. „Jörg Meuthen weiß, dass die NPD keine Partei wie jede andere ist“, sagte er dem „Handelsblatt“. Vor dem Bundesverfassungsgericht laufe gegenwärtig das NPD-Verbotsverfahren. „Sich in dieser Phase völlig unnötig so zu äußern wie Herr Meuthen, diskreditiert ihn nicht nur als Gesprächspartner. Es zeigt: Jörg Meuthen fischt nicht nur am rechten Rand, er ist es mittlerweile selbst.“ Die Grenzen zwischen AfD und NPD seien im Nordosten fließend.

„Inakzeptabel, demokratiefeindlich“

Peter Ritter von der Linksfraktion im Schweriner Landtag warf dem AfD-Spitzenkandidaten Holm Doppelzüngigkeit vor: „Die Unterstützung von NPD-Anträgen ist nichts anderes als eine Zusammenarbeit! Die AfD dokumentiert damit mehr als ein gespaltenes Verhältnis zu den Rechtsextremisten.“ Wer sich wie Holm von der „Sache“ leiten lassen wolle, habe von den wahren Hintergründen der NPD-Anträge keine Ahnung oder blende diese bewusst aus. „Das ist nicht nur inakzeptabel, sondern demokratiefeindlich und verfassungsgefährdend“, sagte Ritter.

Die Unterschiede zwischen AfD und NPD würden immer mehr verschwimmen, konstatierte auch SPD-Fraktionschef Norbert Nieszery. Wenn sich die AfD nicht klar gegen Rechtsextremisten und Verfassungsfeinde positioniere, sage das viel über ihr Selbstverständnis. Die Demokraten im Landtag hätten sich mit ihrem „Schweriner Weg“ stets inhaltlich mit den Rechtsextremisten auseinandergesetzt und zugleich deutlich gemacht, „dass die NPD mit ihren rassistischen, menschenverachtenden und verfassungsfeindlichen Positionen keine normale Partei ist“.

„Ihre Hetze unterscheidet sich nur in der Tonlage“

Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Suhr zeigte sich von den Aussagen der AfD nicht überrascht. „Herr Holm lässt seit Wochen jede Abgrenzung zum Rechtsextremismus und zur rechtsextremistischen NPD vermissen“ sagte er. Gemäßigte Töne seien nicht mehr zu vernehmen. „Die Mecklenburg-Vorpommern-AfD scheint selbst im nationalkonservativen Spektrum rechts außen zu stehen“, urteilte Suhr.

Kritik kam auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Die AfD zeige deutlich, dass sie keinerlei Berührungsängste zu Neonazis habe. „Ihre Hetze unterscheidet sich nur in der Tonlage. Hinter der bürgerlichen Maske der Rechtspopulisten verbirgt sich der gleiche Hass“, sagte DGB-Nord-Vize Ingo Schlüter. Schlüter verwies darauf, dass die NPD auf eigenen Direktkandidaten in allen 36 Wahlkreisen verzichtet habe und damit indirekt Wahlhilfe für die AfD-Kandidaten dort leiste.

Wie eine Forsa-Umfrage ergab, hat die AfD auch bundesweit in der Wählergunst zugelegt. Laut der am Mittwoch veröffentlichten Umfrage verbessert sich die Partei von zehn auf zwölf Prozent.

„AfD-Anhänger sind mit der Demokratie unzufrieden“

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) hat die Anhängerschaft der AfD untersucht. Laut DIW-Sprecher Martin Kroh hat sich die Partei verändert – und zieht zunehmend Rechte an.

Quelle: Die Welt

dpa/nago

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